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Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Montag vor der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin.
© dpa

Griechenland: Schäuble rechnet mit Tsipras-Regierung ab

Der deutsche Finanzminister bleibt hart gegenüber Griechenland: Die neue Links-rechts-Regierung habe "alles Vertrauen zerstört", sagt Schäuble bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat der griechischen Regierung vorgeworfen, das Vertrauen seiner europäischen Partner komplett zerstört zu haben. Bis November sei Athen auf einem Weg gewesen, der aus der Krise hätte führen können. Das sei vorbei. „Sie haben alles Vertrauen zerstört. Das ist ein schwerer Rückschlag“, sagte Schäuble am Montag vor der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin. Das Konzept von Athens Regierungschef Alexis Tsipras werde „so nicht funktionieren“. Er kenne niemanden in den internationalen Institutionen, der ihm sagen könne, was Athen eigentlich vorhabe. Schäuble warf der Syriza-Regierung auch vor, die Bürger in Griechenland zu belügen.

Derweil wächst angesichts der Finanznot in Athen in der Euro-Zone die Nervosität weiter. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sagte dem Tagesspiegel, Griechenland müsse jetzt unverzüglich die mit den Partnern in der Euro-Gruppe getroffenen Vereinbarungen umsetzen und substanzielle Reformvorschläge auf den Tisch legen, „um den drohenden Kollaps“ abzuwenden. „Zusätzlich sollte alles vermieden werden, was ausländische Investitionen erschwert oder bereits geplante Vorhaben blockiert“, sagte Schulz weiter.

Zuvor hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ vor einem unbeabsichtigten Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone gewarnt. Ein derart dramatischer Akt wäre eine „Katastrophe“, sagte Tusk. Nach den Worten des polnischen Ex-Ministerpräsidenten hat es in der europäischen Geschichte bereits zu viele Dinge gegeben, die versehentlich passiert sind. Der EU-Ratschef verwies dabei auf den Ersten Weltkrieg, der „das Resultat von Missverständnissen, Unfällen und dummen Telefonaten“ gewesen sei. „Ein Ausscheiden Griechenlands wäre das dramatischste Kapitel in der gesamten Geschichte der Europäischen Union. Wir müssen Griechenland helfen, das ist unstrittig“, sagte er weiter.

Der Hintergrund der Äußerungen von Tusk ist die Furcht, dass Griechenland wegen akuter Finanzierungsprobleme ungewollt zur Wiedereinführung der Drachme gezwungen sein könnte. Finanzminister Yanis Varoufakis musste auch am Montag tief in die Kasse greifen, um die laufenden Forderungen der Gläubiger zu begleichen: Nach Angaben aus Regierungskreisen in Athen überwies Griechenland fristgemäß mehr als 560 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF). Wie schwerwiegend die gegenwärtigen Finanzierungsnöte in Athen tatsächlich sind, ist nicht klar. In der ARD-Sendung „Günther Jauch“ sagte Varoufakis am Sonntagabend, es gebe aktuell nur „unbedeutende, kleine Liquiditätsprobleme“.

Varoufakis will hart gegen Steuerflüchtlinge vorgehen

Dabei kündigte Varoufakis auch an, dass seine Regierung hart gegen reiche Griechen vorgehen werde, die Schwarzgeld ins Ausland geschafft haben. Die neue Regierung sei entschlossen, mit den europäischen Partnern zusammenzuarbeiten, damit Steuerflüchtlinge erwischt und „vor Gericht gestellt“ werden, sagte er. Die Schweizer Notenbank hatte 2013 das griechische Vermögen in der Eidgenossenschaft auf rund 800 Millionen Euro beziffert. Zuvor hatte es irrtümlich geheißen, dass sich das Vermögen in der Schweiz auf 800 Milliarden Euro belaufe.

Unterdessen möchte der griechische Premierminister Alexis Tsipras offenbar den bevorstehenden EU-Gipfel in Brüssel für eine Grundsatzdebatte über die ernste Lage in seinem Land nutzen. Wie die Zeitung „To Vima“ berichtete, haben die Gespräche zwischen den Institutionen der Geldgeber und der Regierung in Athen inzwischen einen „Siedepunkt“ erreicht. Bislang haben die Gespräche, die Klarheit über Hellas’ Finanzlage bringen sollen, kaum Fortschritte gemacht.

Gegenseitige Vorwürfe zwischen deutschen und griechischen Politikern

Die gegenseitigen Vorwürfe und Beschuldigungen zwischen deutschen und griechischen Politikern reißen derweil nicht ab. Zunächst hatte der rechtspopulistische Verteidigungsminister Panos Kammenos an die Verwicklung des heutigen Finanzministers Schäuble in die CDU-Parteispendenaffäre erinnert. Daraufhin sagte EU-Parlamentschef Schulz, er halte die jetzige Koalition des Syriza-Bündnisses mit „diesen Rechtspopulisten“ für einen Fehler. „Der Elefant im Porzellanladen erscheint mir verglichen mit Herrn Kammenos wie ein fein ziselierter Diplomat“, zitierte ihn die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“.

Diese Äußerung verursachte wiederum am Montag neue Aufregung in Griechenland. Dimitrios Papadimoulis, ein Abgeordneter der Syriza, sagte einem griechischen Radiosender, Schulz behandle Griechenland wie eine „Bananenrepublik“. Im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb er zudem: „An Herrn Schulz: Die Zusammensetzung der griechischen Regierung geht Sie nichts an.“ Ähnlich äußerte sich auch Varoufakis: Kein Politiker im Ausland habe das Recht, „Instruktionen abzugeben gegenüber einer souveränen Nation“, sagte der Athener Kassenwart. Der Brüsseler EU-Parlamentspräsident Schulz wird in griechischen Medien gerne als eine Art Spion diskreditiert, der sich den Griechen gegenüber zwar freundlich gebe, aber dann doch am Ende die Haltung der Bundesregierung vertrete. (mit dpa)

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