Finanzminister zum Brexit: Schäuble: EU-Austritt Londons würde „jeden hart treffen“
Am 23. Juni stimmen die Briten über den Verbleib in der EU ab. Ein Austritt wäre hart für alle, sagt Schäuble, warnt das Königreich aber auch mit Blick auf die Vorzüge des gemeinsamen Marktes knapp, aber deutlich vor den Konsequenzen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat vor einem Austritt Großbritanniens aus der EU („Brexit“) gewarnt. „Ein „Brexit“ wäre hart für jedermann - vor allem aber für Großbritannien“, sagte Schäuble am Freitag in Berlin auf einer Investorenkonferenz der Deutschen Bank und verwies auf die Konsequenzen. Bei der Entscheidung der Briten geht es nach seiner Darstellung auch um die Vorzüge des EU-Binnenmarktes: „Drin heißt drin und raus heißt raus.“ Schäuble hatte zuvor stets betont, dass ein Votum für den „Brexit“ nicht mit Nachverhandlungen wieder rückgängig gemacht werden könne.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte, „dass ein Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union für uns alle das Beste und Wünschenswerteste ist.“ Sie verwies bei einer Veranstaltung der Stiftung Familienunternehmen in Berlin auf eine sehr enge Kooperation, die gern im EU-Rahmen fortgesetzt werden sollte. Merkel betonte zugleich, dass es sich bei dem Referendum am 23. Juni um eine Entscheidung der britischen Bürger handele. Schäuble zeigte sich vor den Bankmanagern besorgt, dass bei einem „Brexit“ das Beispiel eines Referendums Schule machen könnte und weitere Länder aus der EU austreten.
Die EU benötige ein starkes Vereinigtes Königreich
Sollten die Briten für einen „Brexit“ stimmen, könne man nicht ausschließen, dass es auch in anderen EU-Ländern Referenden gebe. Die EU benötige ein starkes Vereinigtes Königreich. Eine weitere Integration in der EU und ein starkes Europa seien der einzige Weg, um die globalen Herausforderungen zu meistern. Für den Fall aber, dass die Briten für einen Ausstieg aus der EU stimmen, lehnt Schäuble eine weitere Vertiefung der Union ab.
„Wir könnten als Antwort auf einen Brexit nicht einfach mehr Integration fordern“, sagte Schäuble dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. „Das wäre plump, viele würden zu Recht fragen, ob wir Politiker noch immer nicht verstanden haben.“ Sollten die Briten mit knapper Mehrheit gegen den Brexit stimmen, „müssen wir das als Mahnung und Weckruf verstehen, nicht einfach so wie bisher weiterzumachen“. Schäuble warnte im „Spiegel“ die Briten, sie könnten unter den wirtschaftlichen Folgen eines Brexit leiden. Das Land sei eng mit den Partnerstaaten verflochten.
„Europa wird zur Not auch ohne Großbritannien funktionieren“
„Da wäre es doch ein Wunder, wenn ein Ausscheiden Großbritanniens ohne ökonomische Nachteile bliebe.“ Der Austritt des Landes könne zudem negative Folgen für die Partnerländer haben. „Aber meine Amtskollegen in der Eurozone und ich werden alles tun, um diese Folgen zu begrenzen.“ Bleibe es dagegen nur beim Ausstieg Großbritanniens, fürchtet Schäuble nicht um den Bestand der EU. „Europa wird zur Not auch ohne Großbritannien funktionieren“, sagte er dem „Spiegel“.
Schäuble schließt den Angaben zufolge aus, dass das Vereinigte Königreich nach einem möglichen Ausscheiden weiter die Vorzüge des europäischen Binnenmarkts genießen könne wie zum Beispiel Norwegen oder die Schweiz: „Dazu müsste sich das Land an die Regeln eines Klubs halten, aus dem es gerade austreten will.“ Schäuble wandte sich erneut gegen weitere Finanzspritzen zur Ankurbelung der globalen Wirtschaft: „Wir brauchen nicht noch mehr fiskalischen Stimulus.“
Sonst würden die hart erarbeiteten Erfolge gefährdet und die Reformbereitschaft geschwächt. Die schuldenfinanzierte Wachstumsfinanzierung sei an ihre Grenzen gestoßen. Eine Absage erteilte er wiederholt einer Vergemeinschaftung der Einlagensicherungen in der EU zum jetzigen Zeitpunkt. Es gehe hier um die richtige Reihenfolge. (dpa)