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Auf Nimmerwiedersehen. Jemeniten feiern am Samstag in Sanaa den unerwarteten Abgang ihres autokratischen Staatschefs in das Nachbarland Saudi-Arabien. Ob der aber wirklich nicht zurückkehrt, ist offen.
© Ammar Awad / Reuters

Jemen: Saleh in Bedrängnis: Hospital oder Exil

Jemens Präsident Ali Abdallah Saleh lässt sich in Riad operieren. Da soll er bleiben, meint die Opposition und jubelt schon. Der Vizepräsident hat die Amtsgeschäfte bereits übernommen.

„Jemen bereitet sich auf die Nach-Saleh-Ära vor“, so titelte am Sonntag die panarabische Tageszeitung Al-Sharq al-Awsat. Wenige Stunden zuvor war Präsident Ali Abdallah Saleh mit mehreren Dutzend Mitgliedern seiner Familie in der saudischen Hauptstadt Riad gelandet, um in einem Militärkrankenhaus die Verletzungen behandeln zu lassen, die er sich am Freitag bei einem Raketenangriff auf seinen Palast zugezogen hatte. Laut Nachrichtenagenturen konnte er selbstständig gehen. Danach sind seine Verletzungen am Hals und am Kopf durch Granatsplitter, anders als berichtet worden war, nicht lebensbedrohlich.

Die Spitäler im ärmsten arabischen Land sind miserabel. Wer immer es sich leisten kann, lässt sich im Ausland behandeln. Das gilt erst recht für den verwundeten Präsidenten. Und die Vermutung liegt nahe, dass der saudische König Abdallah sein ganzes Gewicht in die Waagschale geworfen hat, um den störrischen Langzeitregenten zu dieser Reise zu bewegen. Auf diese Weise konnte der 69-jährige den Jemen verlassen, ohne sein Gesicht zu verlieren.

Bevor er ins Flugzeug stieg, hatte König Abdallah bereits eine Waffenruhe zwischen dem Stammesführer Sadik el Ahmar und den Regierungstruppen ausgehandelt. Saudi-Arabien hat einen großen Einfluss auf beide Seiten. Auch die Stämme haben traditionell enge Verbindungen zum Königshaus des reichen Nachbarn. Nach den Beteuerungen von Salehs Parteifreunden hat der Aufenthalt in Riad aber nichts mit einem möglichen Machtverzicht zu tun.

Wie es die Verfassung für diesen Fall vorsieht, hat Vizepräsident Abdel Rabbo Mansour Hadi die Amtsgeschäfte übernommen und in dieser Funktion bereits den US-Botschafter getroffen. Dieser Machttransfer würde sich auch mit dem Vermittlungsvorschlag der Golfkooperationsländer decken, den Saleh dreimal in letzter Minute nicht unterschrieben hat. Darin wird ein schrittweiser Übergang zu einem demokratischen System festgelegt und dem Präsidenten im Falle eines Machtverzichts Immunität vor Strafverfolgung garantiert.

„Der neue Jemen ist geboren“, skandierten die Demonstranten der Demokratiebewegung in ihren Freudenkundgebungen, nachdem die Meldungen von Salehs Aufenthalt in Riad bestätigt worden waren. Tausende Menschen sind aber auch vor den schweren Kämpfen der letzten Tage in der Hauptstadt Sanaa geflohen. Die Waffenruhe hat am Wochenende einigermaßen gehalten. Auch in der Stadt Taiz im Süden, wo die Präsidentengarden in den vergangenen Tagen brutal gegen die Demonstranten vorgegangen waren, haben sich die Truppen in die Kasernen zurückgezogen.

Nach wie vor ist unklar, wer die Hintermänner des tödlichen Raketenangriffs auf den Präsidentenpalast am Freitag waren, der von Salehs Getreuen als gezielter Mordanschlag beschrieben wurde. Die Eskalation hätte das Land beinahe in einen offenen Bürgerkrieg gestürzt. Noch ist nicht abzusehen, ob sich auf allen Seiten nun jene Kräfte durchsetzen werden, die eine friedliche Lösung anstreben. Viele Akteure drängen an die Macht. Tatsache ist, dass in den letzten Tagen die Kämpfer der oppositionellen Stammesvereinigung von Scheich Ahmar mehrere staatliche Institutionen unter ihre Kontrolle bringen und die Regierungstruppen in die Defensive drängen konnten. Saleh hat den Krankenhausaufenthalt in Riad nicht aus einer Position der Stärke heraus angetreten, nach 33 Jahren an der Spitze des Landes im Süden der arabischen Halbinsel. Als Reaktion auf die eskalierende Gewalt im Jemen haben viele Länder ihre Botschaften in Sanaa geschlossen und ihre Landsleute aufgefordert, das Land zu verlassen. Mehrere Fluggesellschaften haben ihre Verbindungen in den Jemen bereits eingestellt.

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