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Ungewisse Zukunft. Flüchtlinge, die gerade von der deutsch-österreichischen Grenze abgeholt wurden, warten in einer Sammel- und Verteilungsstelle im bayerischen Freilassing auf Aufnahme.
© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Flüchtlinge: Salafisten werben - unter dem Deckmantel der Hilfe

Unter den Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, wurden bislang keine Terroristen entdeckt. Doch vor den Lagern agitieren Salafisten und andere Islamisten.

Beim Thema Flüchtlinge sehen sich die deutschen Sicherheitsbehörden mit einem doppelten Problem konfrontiert – ohne genau zu wissen, welche Dimension es hat. Da ist zum einen die Gefahr, dass mit den vielen tausend Schutzsuchenden auch potenzielle Terrorverdächtige unterwegs sind. Zum anderen wächst offenbar das Risiko der Anwerbung von Flüchtlingen durch Salafisten und andere Islamisten. Wie ist nun der aktuelle Stand?

Die Erkenntnisse von Polizei und Verfassungsschutz können nicht beruhigen, taugen aber auch nicht zur Dramatisierung. Auf die Frage nach mutmaßlich terrorverdächtigen Asylbewerbern sagt eine Sprecherin des Bundeskriminalamts, die Polizei habe deutschlandweit bislang 142 Hinweise auf Personen bekommen, „die in Verbindung zu militanten Gruppen in Krisenregionen gestanden oder für diese gekämpft haben sollen“. Mit „militanten Gruppen“ ist vor allem die Terrormiliz „Islamischer Staat“ gemeint. Und der Begriff „gekämpft haben sollen“ kann auch Kriegsverbrechen bedeuten. In 20 Fällen seien Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Bislang habe sich jedoch kein einziger Verdacht bestätigt, heißt es beim BKA.

Geplatzt ist auch eine Geschichte, die spektakulär zu sein schien. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte am Dienstag verkündet, es spreche „im Moment sehr viel dafür“, dass einer der Selbstmordattentäter von Paris als Flüchtling im Freistaat registriert worden sei. Angeblich soll der Mann namens Ahmad al Mohammad im Oktober in Feldkirchen gewesen sein. Doch am Mittwoch sagte ein Ministeriumssprecher, es gebe keinen Bezug zu den Anschlägen. Möglicherweise handele es sich um eine „Namensdopplung“. Die französische Polizei hatte nahe den Überresten eines Terroristen, der sich vor dem „Stade de France“ in die Luft gesprengt hatte, einen syrischen Pass mit dem Namen Ahmad al Mohammad gefunden. Das Dokument könnte allerdings gefälscht sein. Die Identität des Attentäters steht noch nicht fest.

Während das Thema „Terrorverdächtige unter Flüchtlingen“ diffus bleibt, ist eine andere Gefahr etwas besser zu erkennen. Bundesweit versuchen Salafisten und andere Islamisten, muslimische Flüchtlinge zu agitieren. Ein Verfassungsschützer sagt, die Extremisten kämen mit Spenden zu den Unterkünften, böten Übersetzungshilfe oder die Begleitung bei Behördengängen an, lüden Asylbewerber in eine Moschee oder auf eine Tasse Tee zu sich nach Hause ein. Neben Salafisten, sogar eigens eingereisten aus England, sind auch Anhänger weiterer, einschlägig bekannter Gruppierungen aktiv. Sicherheitskreise nennen die „Islamische Gemeinschaft in Deutschland“, die den Muslimbrüdern nahesteht, die aus Indien stammende, missionarische Bewegung „Tablighi Jamaat“ und die in Deutschland verbotene „Hizb-ut-Tahrir“. 60 „Anwerbeversuche“ seien bisher polizeilich bekannt, sagt das BKA. Verfassungsschützer sprechen von mehr als 100 Fällen. Und alle sagen, es gebe eine Dunkelziffer.

Mit Informationskampagne sollen ankommende Flüchtlinge aufgeklärt werden

Da in Bayern die meisten Flüchtlinge ankommen, will das Landesamt für Verfassungsschutz nun mit einer massiven Informationskampagne vor allem die Betreiber der vielen Unterkünfte für Asylbewerber warnen und aufklären. „Wir arbeiten mit Hochdruck an einer kurzen, knappen Handreichung“, sagt ein Sprecher der Behörde. Der Flyer werde vermutlich zum Jahreswechsel fertig sein, geplant ist eine Auflage „in fünfstelliger Höhe“.

Die Verfassungsschützer in Nordrhein- Westfalen und Berlin haben bereits vorgelegt. Beide Behörden haben eine je 16-seitige Broschüre erstellt. Nordrhein-Westfalen ließ bereits 11 000 Exemplare drucken, demnächst sind weitere 5000 fällig. Berlin hat 300 Stück verteilt. Die Broschüren stehen zudem im Internet. Mancher Betreiber einer Flüchtlingsunterkunft dürfte so erfahren haben, dass Vereine mit harmlos klingenden Namen wie „Medizin mit Herz“, „Helfen in Not“ und „Berliner Muslime e.V.“ von Salafisten gesteuert werden. In Sicherheitskreisen ist außerdem zu hören, drei Berliner Moscheen, bekannt als salafistische Treffpunkte, hätten Flüchtlinge angelockt.

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