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Schweres Gerät: Kampfpanzer vom Typ Leopard 2.
© picture alliance / dpa

Bundesverfassungsgericht urteilt: Rüstungsexporte bleiben Geheimsache

Das Bundesverfassungsgericht stärkt die Regierung und kritisiert dennoch amtliche Ausfuhrberichte. Damit öffneten die Karlsruher Richter ein kleines Fenster zu mehr Transparenz

Die Bundesregierung darf ihre Entscheidungen über Rüstungsexporte auch weiterhin im Geheimen fällen. Das ist der Kern eines Urteils, mit dem das Bundesverfassungsgericht am Dienstag eine Klage des Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele im Wesentlichen abgewiesen hat. Allerdings öffneten die Karlsruher Richter ein kleines Fenster zu mehr Transparenz – und lieferten im Kleingedruckten einige interessante Anregungen.

Anlass des Rechtsstreits waren mehrere erregte Dialoge in einer Fragestunde im Bundestag. Die soll eigentlich ein Instrument der parlamentarischen Kontrolle sein. Doch das Prinzip „Abgeordnete fragen, die Regierung antwortet“ sieht in der Praxis meist so aus, dass die Regierung ausweicht oder gleich ganz schweigt.

So war es auch im Jahr 2011, als Ströbele und seine Grünen-Kolleginnen Katja Keul und Claudia Roth Auskünfte über ein Panzergeschäft mit Saudi-Arabien verlangten. Sie wollten wissen, ob Presseberichte zuträfen, dass Berlin den Export von 200 Leopard-2-Panzern an das Scheichtum genehmigt habe, und wie sich das mit der Haltung zum „Arabischen Frühling“ vertrage. Die Regierung in Gestalt von Parlamentarischen Staatssekretären verweigerte die Antwort.

Recht auf Auskünfte hat Grenzen

In diesem Fall überwiegend zu Recht, befand das oberste Gericht. Zwar habe das Parlament grundsätzlich Anspruch auf Auskünfte auch über Regierungshandeln, denn ohne Informationen sei Kontrolle nun einmal nicht möglich. Aber dieses Recht habe Grenzen. Erstens gehe es den Bundestag nichts an, wie die Regierung zu ihren Entscheidungen kommt. Das Prinzip der Gewaltenteilung schütze den „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ vor der Offenlegung auch im Nachhinein. Denn sonst, so das Gericht, liefe das Informationsrecht der Abgeordneten faktisch auf Mitregieren hinaus, und das sei im Grundgesetz für Rüstungsexporte nicht vorgesehen. Zweitens dürfe die Regierung aus Gründen des „Staatswohls“ schweigen. „Rüstungsexportgenehmigungen haben in der Regel eine diplomatische Dimension“, schreibt der Zweite Senat von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Und drittens gelte das Grundrecht der Berufsfreiheit auch für Waffenproduzenten; auch sie hätten ein Recht darauf, dass ihre Geschäfte nicht öffentlich ausgebreitet werden.

Aus alledem folgert das Gericht: Die Regierung muss nur und erst dann eine Auskunft über Rüstungsgeschäfte geben, wenn ihre Entscheidung gefallen ist. Sobald der Bundessicherheitsrat einen Export genehmigt hat, hat ein Abgeordneter, der nachfragt, im Prinzip Anspruch auf ein „Ja“. Auf mehr allerdings nicht: Über Gründe ihrer Entscheidung muss die Regierung nicht reden, über noch nicht entschiedene Anträge und über abgelehnte Anträge ebenfalls nicht. Und wenn das Kabinett findet, dass ein bestimmtes Geschäft aus Gründen des Staatswohls ganz geheim bleiben muss, dann darf es das ebenfalls – muss allerdings die Geheimhaltung begründen.

Alles beim Alten also? Nicht ganz. Das Gericht übt dezente Kritik an der Praxis der regierungsamtlichen Rüstungsexportberichte. Dort sind Waffengeschäfte bisher nur sehr grob nach Ländern, Gesamtsummen und Waffenarten aufgeschlüsselt. Das sei zu wenig: Im Rahmen einer effektiven parlamentarischen Kontrolle müssten Abgeordnete erfahren dürfen, ob an ein Land „Kriegswaffen von besonderer Bedeutung“ wie Panzer verkauft wurden oder bloß Lastwagen. Und noch einen Wink geben die Richter: Sie lassen Zweifel daran erkennen, ob eine Ministerrunde wie der Bundessicherheitsrat überhaupt zulässig ist – oder ob nicht stets das ganze Kabinett über Waffengeschäfte entscheiden müsste.

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