Kampf gegen IS in Syrien: Russland kritisiert US-Luftangriffe als Völkerrechtsverstoß
Jetzt attackieren die USA die Terrormiliz IS auch in Syrien: In der Nacht zu Dienstag begann die Airforce massive Luftangriffe - gemeinsam mit verbündeten arabischen Staaten. Ins Visier geriet dabei auch die Extremistenhochburg Rakka.
Um 21 Uhr 45 am Montagabend, schon weit in die Dämmerung des Dienstagmorgen im Mittleren Osten hinein, war es so weit: Admiral John Kirby, Sprecher des Pentagon, bestätigte in Washington die ersten Luftangriffe auf IS-Stellungen in Syrien. Die internationale Koalition gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat“, die die USA seit zwei Wochen aufbauen, ist damit nicht mehr nur ein theoretisches Konstrukt. Seit der Nacht zum Dienstag ist sie eine aktive Kriegskoalition.
Noch während der Vorbereitungen zu der Jahrestagung der Vereinten Nationen in New York hatte gespannte Unsicherheit ob der weiteren Entwicklung des Kampfes gegen IS die Hallen und Säle am Hudson River in New York bestimmt. Im US-Kongress selbst war spekuliert worden, ob Luftschläge noch monatelang ausstehen könnten. Aber gleichsam als Auftakt der UN-Generalversammlung hat US-Präsident Barack Obama Ernst gemacht.
Mit Bombern und Tomahawk-Raketen gegen IS-Stellungen in Syrien
„Ich kann bestätigen, dass das US-Militär und Partnerstaaten militärische Aktionen gegen ISIL (wie der IS in den USA genannt wird) in Syrien unternehmen“, erklärte Pentagon-Sprecher Kirby, „sie nutzen dabei eine Mischung aus Kampfjets, Bombern und Tomahawk-Raketen“. Angesichts dessen, dass die Operation noch am Laufen sei, beschränkte Kirby seine Informationen, „können wir zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Details herausgeben“. Die Entscheidung, die Schläge durchzuführen, habe der Central Command-Chef zuvor am Montag macht der durch Obama ihm verliehenen Autorisierung getroffen. „Wir werden später mehr Informationen zur Verfügung stellen, so wie es den Stand der Operation zulässt.“
Die Russen kritisierten die Luftangriffe der USA in Syrien als Verstoß gegen das Völkerrecht. Für einen solchen Militäreinsatz sei eine Zustimmung der syrischen Regierung oder ein Mandat des UN-Sicherheitsrates notwendig, teilte das Außenministerium in Moskau am Dienstag mit. Der eigenmächtige Beschluss der USA und ihrer Verbündeten schüre Spannungen und destabilisiere die Region. Die USA und mehrere arabische Staaten begannen in der Nacht zum Dienstag Angriffe gegen IS in Syrien mit Kampfjets, Bombern und Tomahawk-Raketen. Nach US-Angaben wurde die Regierung in Damaskus vorab über die Luftangriffe informiert.
Die syrische Regierung hat sich hinter die Angriffe der US-geführten Koalition gegen die Dschihadisten gestellt. Syrien unterstütze "jede internationale Bemühung, die zum Kampf gegen Terroristen beiträgt", seien es der IS, die Al-Nusra-Front oder andere, erklärte das syrische Außenministerium am Dienstag. Die Al-Nusra-Front ist der syrische Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. Das Ministerium beharrte zugleich darauf, dass die syrische Souveränität gewahrt und das internationale Recht eingehalten werden müssten.
Washington lehnt eine Kooperation mit dem syrischen Machthaber Baschar al Assad ab. Das syrische Außenministerium wurde aber nach eigenen Angaben von Washington vorab über die Angriffe informiert. Der syrische Außenminister Walid Muallem habe am Montag über seinen irakischen Kollegen eine Botschaft von US-Außenminister John Kerry erhalten, hieß es. Auch der syrische UN-Botschafter sei informiert worden. Die Erklärung vom Dienstag kündigte zudem an, dass die syrische Regierung in Abstimmung mit dem Irak den gemeinsamen Kampf gegen die IS-Miliz fortsetzen werde.
Die USA und ihre Alliierten haben mit ihren Luftschlägen offenbar auf die sunnitischen Extremisten in deren faktischer Hauptstadt Rakka gezielt. Nach Informationen amerikanischer Offizieller beteiligten sich Bahrain, Jordanien, Katar, Saudi Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate an den Angriffen. In der Nacht zu Dienstag lagen noch keine Erklärungen der entsprechenden Staaten zur Beteiligung ihrer Streitkräfte selbst vor. Am Montagmittag noch hatte der jordanische König Abdullah in New York auf dem Jahrestreffen der Clinton Foundation gesprochen. Seine und die Einlassungen anderer Staatsführer wurden für Dienstag erwartet.
Krisendiplomatie zwischen den USA und ihren Verbündeten
Die Aktion auf Rakka und Umgebung war massiv angelegt und wurde von amerikanischen und arabischen Kampffliegern ausgeführt. Zur Unterstützung kamen Tomahawk-Raketen, die von US-Kriegsschiffen abgefeuert wurden. Ziele waren nach Darstellung aus der Regierung Kommandostrukturen des IS, Waffendeports, und Infrastruktureinrichtungen. Wann die Aktion beendet sein würde, blieb in der Nacht unklar. Ersichtlich war aber auf jeden Fall, dass es sich hierbei nicht um eine relativ beschränkte Operation gehandelt hat.
Den Angriffen war intensive Krisendiplomatie zwischen den USA und ihren Verbündeten vorausgegangen. Um die bereits jenseits des Protokolls zugesagte militärische Unterstützung der sunnistisch-arabischen Partner nicht zu verlieren, hatten die USA und die Nato-Staaten zuletzt in der vergangenen Woche in Paris auf die iranische Bereitschaft zur Unterstützung verzichtet. Ohne die Beteiligung sunnitischer Kräfte in der Region, hatte Obama immer klar gemacht, werde es keine militärische Aktion auf oder über syrischem Territorium gegen die sunnitischen Terroristen geben. Die Bereitschaft Saudi-Arabiens gilt als Schlüssel zur militärischen Zusammenarbeit.
Trotz des nur mühsam kontrollierten Konflikts in der Ukraine und der dramatischen Ebola-Krise in West-Afrika, steht spätestens jetzt der Kampf gegen den IS im Mittelpunkt der UN-Beratungen in dieser Woche in New York. Am Mittwoch spricht der US-Präsident vor der Vollversammlung. Am Nachmittag desselben Tages ist eine Sitzung des Un-Sicherheitsrats zur Abwehr der Gefahr durch die sogenannten ausländischen Kämpfer geplant.