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Robuste Wahlkampfmethoden: In Rumänien stimmen die Bürger bei der Europawahl auch über eine Amnestie für korrupte Politiker ab.
© Octav Ganea/Reuters

Amnestie für korrupte Politiker?: Rumäniens Rechtsstaat wankt – Europa schweigt

Kommen korrupte Politiker in Rumänien straffrei davon? Die EU muss der linken Regierung genauso empört begegnen wie der FPÖ in Österreich. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Was ist der größere Skandal: Der unverschämte Angriff auf die Rechtsordnung in einem EU-Staat oder das Schweigen, mit dem die anderen europäischen Länder reagieren, so als ginge sie das nichts an?

Das EU-Land Rumänien bringt diese Frage am Sonntag zurück auf die Agenda. Spitzenpolitiker der dort regierenden Sozialdemokraten von der PSD, die Verbrechen wie Korruption und Wahlfälschung begangen haben, wollen sich eine Amnestie verschaffen – und ob sie damit Erfolg haben, steht am Sonntag zur Abstimmung.

Rumäniens Präsident Klaus Johannis, eine der wenigen aufrechten Figuren im balkanischen Intrigantenstadl, hat ein Referendum am Tag der Europawahl angesetzt. Die Bürger sollen die Selbstamnestie bei Korruptionsdelikten verbieten und auch Eilverordnungen im Justizwesen untersagen, mit denen die PSD die Anwendung der Strafgesetze verhindern will.

Die Erfolgsaussichten sind begrenzt. Hier zeigt sich, wie schwer es ist, einen Rechtsstaat zu retten, der bereits in Zweifel steht. Weil die Justiz in Rumänien keinen guten Ruf hat und viele glauben, dass überall gemauschelt wird, findet die PSD Resonanz mit der Behauptung, Präsident Johannis wolle nicht den Rechtsstaat retten, sondern seine Wiederwahl im Herbst. Das Ziel ist geringe Beteiligung, dann wäre das Referendum ungültig.

Zweierlei Maß für Österreich und Rumänien

Rumänien ist weder unbedeutend noch fern. Mit 20 Millionen Einwohnern ist es die Nummer Sieben unter den 28 EU-Staaten nach der Bevölkerung, und es hat die EU-Präsidentschaft inne. Über Österreich kann Deutschland sich tagelang erregen. Zu Recht. Die Dimension der Untaten ist dort aber geringer.

FPÖ-Mann Strache hat im Ibiza-Video nur darüber gesprochen, wie man die Öffentlichkeit manipulieren und Parteispendern Staatsaufträge zuschanzen könne. In Rumänien haben PDS-Spitzenpolitiker das getan. Weil er wegen Wahlfälschung und Korruption vorbestraft ist, kann etwa Parteichef Liviu Dragnea nicht Regierungschef werden. Er setzt auf das Amnestiegesetz. Ersatzweise will er eine Notverordnung mit dem gleichen Amnestiepassus. Selbst wenn die nur kurz in Kraft wäre, würde ihm das nützen. Bei konkurrierenden Strafvorschriften wird die mildere Variante angewandt.

Die EU-Kommission hat Rumänien mit Verfahren wegen Verstoßes gegen den Rechtsstaat gedroht. Im Wahlkampflärm dringt sie aber nicht durch. Europa braucht eine wache Öffentlichkeit, die der PSD im großen EU-Land Rumänien mit derselben Empörung begegnet wie der FPÖ im kleinen Österreich – und vom sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Frans Timmermans die gleiche Härte gegen Dragnea verlangt, die er gegen Ungarns Victor Orban zeigt.

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