Besuch bei Orbán: Roter Teppich für Marine Le Pen
Frankreichs Rechtspopulistin Marine Le Pen wird von Ungarns Regierungschef Viktor Orbán mit allen Ehren empfangen. Der Besuch nutzt beiden.
Viktor Orbán gibt sich alle Mühe, möglichst viele Vertreter der französischen Ultrarechten in Budapest zu empfangen. Vor einem Monat hatte Ungarns Regierungschef bereits den Publizisten Eric Zemmour und Marion Maréchal gemeinsam zu Gast. Letztere ist die Nichte von Marine Le Pen, die wiederum Vorsitzende der Partei „Rassemblement National“ (RN) ist. Am Dienstag schritt nun Le Pen selber über den roten Teppich in Budapest.
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Nach dem Mittagessen hielten Orbán und Le Pen eine gemeineinsame Pressekonferenz ab, was am Amtssitz des Ministerpräsidenten normalerweise nur Staats- und Regierungschefs vorbehalten ist.
Die Begegnung nutzt beiden – denn sowohl Le Pen als auch Orbán sind bereits im Vorwahlkampf. In Frankreich stehen im kommenden April Präsidentschaftswahlen an, und voraussichtlich im selben Monat finden in Ungarn Parlamentswahlen statt. Während Le Pen den derzeitigen Amtsinhaber Emmanuel Macron beerben will, möchte der Nationalkonservative Orbán seinen Posten verteidigen.
Sowohl Le Pen als auch Orbán müssen befürchten, als Verlierer aus den Wahlen hervorzugehen. Während Le Pen angesichts der gegenwärtigen Umfragen damit rechnen muss, in Frankreich bereits vor der Stichwahl auszuscheiden, will die Opposition in Ungarn geschlossen gegen den Regierungschef antreten. Das mindert die Chancen des Amtsinhabers.
Le Pen: Freiheit ist der „Sockel unserer Zivilisation“
Umso vehementer vertraten Orbán und Le Pen am Dienstag bei ihrem gemeinsamen Auftritt ihre Forderungen nach einer größeren Souveränität der Nationalstaaten innerhalb der EU. Das „wahre Europa“ sei nicht von der Idee der Freiheit zu trennen, die den „Sockel unserer Zivilisation“ darstelle, sagte Le Pen. Die EU sei zu einer „zentralisierten Macht verkommen“, sagte sie weiter.
Zuvor hatte Le Pen lange auf den Auftritt an der Seite Orbáns warten müssen. Für sie hat der Termin mit Orbán eine besondere innenpolitische Bedeutung, weil sich der französische Vorwahlkampf im ultrarechten Lager zunehmend zu einer Auseinandersetzung zwischen Le Pen und dem Rechtsextremen Zemmour entwickelt. Anders als Le Pen hat Zemmour zwar seine Präsidentschaftskandidatur noch nicht erklärt, dies wird aber allgemein erwartet.
Aus dem Umfeld der RN-Chefin wurde daher am Dienstag darauf hingewiesen, dass sich allein schon an den äußeren Umständen des Budapest-Besuchs der Unterschied zwischen ihr und Zemmour ablesen lasse. Die Visite des mehrfach verurteilten Rassisten in der ungarischen Hauptstadt war vor einem Monat weit gehend abseits der Öffentlichkeit abgelaufen. Le Pen bekam hingegen nicht nur ihre Pressekonferenz, sondern auch eine Eskorte mit acht Fahrzeugen.
Orbán will neues Bündnis im Europaparlament schmieden
Orbán wollte indes am Dienstag demonstrieren, dass er innerhalb der EU nicht isoliert ist. Im März hatte der Regierungschef die Mitgliedschaft seiner Partei Fidesz in der Parteienfamilie der Europäischen Volkspartei (EVP) beendet. Seither versucht Orbán bislang erfolglos, eine neue Fraktion am rechten Rand des Europaparlaments zu schmieden.