Milliarden gegen die Corona-Krise: Roms Notstandspaket: Steuern stunden, mehr Jobs im Krankenhaus
Erstmals sinkt die Zahl der Neuinfizierten - und die Regierung schnürt ein Hilfspaket für das hart getroffene Land
Mit einem Investitionspaket über 25 Milliarden Euro will die italienische Regierung die Folgen des Coronavirus begrenzen. Am Montag, dem Tag, an dem Italiens Zivilschutzbehörde erstmals einen Rückgang der Neuansteckungszahlen vermelden konnte, beschlossen Ministerpräsident Giuseppe Conte und sein Kabinett – in Latexhandschuhen und mit Mundschutz, wie Teilnehmer berichteten – ein Werk, das die Regierung selbst unter dem Titel „Italien heilen“ präsentiert. Einige der Maßnahmen hätten dem Finanzminister des verschuldeten Landes in anderen Zeiten wohl sofort ein Verfahren in Brüssel eingetragen. Mit Garantien von 2,6 Milliarden will die Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung, sozialdemokratischem PD und dem PD-Splitter Italia Viva ausgeben, um Italiens wichtige Exportindustrie zu stützen, unter anderem Kreuzfahrtreedereien – freimachen wird sie der Exportkreditversicherer Sace ein.
Jobangebot für 10000 junge Ärztinnen und Ärzte
Unternehmen und Selbständige können ausstehende Steuern und Beiträge später zahlen. Die Möglichkeiten, Arbeitslosengeld während der Krisenzeit zu erhalten, werden massiv ausgeweitet, auch bisher ausgenommene Angestellten von Kleinstunternehmen werden unter den Schirm genommen. Generell sind zwei Monate lang Entlassungen verboten. Wem die Hausärztin bescheinigt, in Quarantäne zu müssen, erhält Krankengeld, die Tage in Isolation dürfe nicht zu den Fehlzeiten gerechnet werden, die sonst zu einer rechtmäßigen Entlassung führen würden. Eltern von Kindern unter zwölf Jahren erhalten vierzehn Tage lang 50 Prozent ihres Gehalts vom Staat, wenn sie sie betreuen und nicht arbeiten können.
Am einschneidendsten allerdings dürfen die unmittelbaren Hilfen für Italiens Gesundheitssystem sein, das unter Covid-19 ächzt: 20.000 neue Pflegekräfte, aber auch Forscherinnen und Forscher sollen eingestellt werden, um mit dem Virus fertigzuwerden. Wer dicht an der Rentengrenze ist, soll weiterbeschäftigt werden können und junge Ärztinnen und Ärzte werden sofort übernommen, wenn sie das Medizinexamen bestehen – die sonst übliche Staatsprüfung entfällt. Wissenschaftsminister Gaetano Manfredi hofft, damit auf der Stelle 10.000 neue Leute zu bekommen. Der Medizinerdachverband hatte am Wochenende Alarm geschlagen, weil bereits mehr als 1600 Krankenpfleger und Ärztinnen ausgefallen sind, die selbst corona-positiv sind – nach Meinung des Verbands in erster Linie eine Folge mangelnder Sicherheitsmaßnahmen, fehlender Gesichtsmasken und Schutzkleidung. Um zehn Prozent habe das die Krankenhausteams bereits dezimiert, schrieb der Verband am Sonntag. Am Montagabend waren schon mehr als 2000 Fälle bekannt. Teil des Gesetzentwurfs ist auch, die Verluste teilweise durch Militär, Sanitäter wie Ärzte, auszugleichen. Notstandsrechte erhält auch Italiens Zivilschutzbehörde. Sie kann bis zum Ende der „emergenza“ relativ weitgehend auch Privatkliniken oder Heime auf Zeit beschlagnahmen, damit Kranke dort aufgenommen werden können.
"Ein Damm zum Schutz von Unternehmen, Familien, Arbeitnehmern"
In einer Video-Pressekonferenz aus seinem Amtssitz – der übliche Pressesaal war der Ansteckung wegen fast menschenleer – nannte Ministerpräsident Conte sein Dekret einen „wirklichen Damm, um Unternehmen, Familien und Arbeitende zu schützen“. Er dankte allen Beteiligten, „die Opposition eingeschlossen“, auch Unternhemerverbänden und Gewerkschften für ihren Anteil daran stellte weitere Schritte in Aussicht. Das Paket sei „eine erste Antwort auf die wirtschaftlichen Probleme der Italiener“. Es werde „nicht reichen, das ist uns klar“. Wirtschaftsministers Roberto Gualtieri wurde unmittelbar darauf konkreter und stellte weiter Maßnahmen für April in Aussicht. Er wies darauf hin, dass die 25 Milliarden Euro vollständig der Betrag sei, den das Parlament als Nettoverschuldung beschlossen habe.
Wann die neuen Maßnahmen dort landen werden, ist im übrigen unklar. Ein Dekret kann nach der italienischen Verfassung sofort in Kraft treten, muss aber nach einiger Zeit durch Parlament zu einem ordentlichen Gesetz gemacht werden. Doch sowohl das Abgeordnetenhaus wie auch der Senat, die zweite Kammer, sind derzeit praktisch verwaist, auch einige Abgeordnete wurden positiv getestet. Wie eine Plenarsitzung mit Sicherheitsabständen zu organisieren wäre, ist noch unbekannt – und Parlamentarismus und Homeoffice dürften sich ausschließen.
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