53. Tag im NSU-Prozess: Richter treibt Szeneladen-Besitzer Frank L. in die Enge
Die Waffe, mit der die NSU-Terroristen neun Menschen erschossen, wurde von einem Mitarbeiter eines rechten Szeneladens in Jena übergeben. Dessen damaliger Betreiber Frank L. wollte sich nicht an eine frühere Aussage erinnern, doch der Richter gab sich damit nicht zufrieden.
Der Mann ist groß und kräftig, die Haare sind militärisch kurz geschnitten, auf dem schwarzen Kapuzenpulli ist hinten ein rohes Holzgebilde in Form eines Ypsilon zu sehen, mit blutroter Farbe bemalt und einem Seil umwickelt. Die martialische Ausstrahlung des Zeugen verflüchtigt sich jedoch, als ihn der Vorsitzende Richter hartnäckig befragt. „Ich weiß es nicht mehr“, „ich kann mich nicht erinnern“ stammelt Frank L., bis er dann doch zugibt: es werde wohl so gewesen sein, dass er dem Bundeskriminalamt gesagt hat, Ralf Wohlleben habe ihn im Jahr 2000 oder später nach einer Waffe gefragt.
Im Szeneladen "Madley" wurde die Pistole übergeben
Wohlleben ist einer der fünf Angeklagten im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München. Der ehemalige NPD-Funktionär soll laut Bundesanwaltschaft zusammen mit dem Angeklagten Carsten S. der Terrorzelle die Pistole Ceska 83 beschafft haben. Mit der Waffe erschossen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun Migranten türkischer und griechischer Herkunft. Frank L. ist ein wichtiger Zeuge, da ihm in Jena der Szeneladen „Madley“ gehörte, dessen Mitarbeiter Andreas Anfang 2000 die Ceska an Carsten S. übergab. Doch am Donnerstag zeigt sich Frank L. im Gericht weitgehend ahnungslos – und bringt damit Richter Manfred Götzl in Rage.
Richter treibt Frank L. in die Enge
In schneidendem Ton erinnert er Frank L. an seine „Wahrheitspflicht“. Und Götzl lässt nicht locker. Stundenlang befragt er den Zeugen. Dann treibt er Frank L. in die Enge, als er ihm dessen Aussagen vom Januar 2012 gegenüber dem BKA vorhält. Damals, der NSU war zwei Monate zuvor aufgeflogen, hatte Frank L. nicht nur Wohlleben belastet. Er sagte den Beamten auch, er habe den nach einer Waffe fragenden Wohlleben wahrscheinlich an den Mitarbeiter aus dem „Madley“, Andreas S., verwiesen. Andreas S. hat gegenüber dem BKA zugegeben, Carsten S. die Ceska gegeben zu haben. Zusammen mit einem Schalldämpfer und Munition.
Frank L. behauptet, das Protokoll des BKA gebe seine Aussagen „nicht wortwörtlich“ wieder. Er habe das Papier auch nur überflogen, bevor er es unterschrieb, „ich wollte raus, das ging mir einfach auf den Sack“. Doch als Götzl fragt, was an dem Protokoll nicht stimmen soll, sagt L. nur, „es kann sein, es kann nicht sein“. Immer wieder blickt er zu Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben. Zschäpe mustert ihn, verzieht aber keine Miene. Wohlleben schaut weg. Und Frank L. stottert weiter.