Trumpismus ohne Trump?: Republikaner wollen mit Trump-Kurs Bidens Demokraten schlagen
Nach der Kapitol-Erstürmung am 6. Januar sahen Trump auch viele Republikaner kritischer. Seine Macht in der Partei hat er jedoch noch nicht verloren.
Das Jahr 2021 endet für Joe Biden gelinde gesagt wenig erbaulich. Ein massiver Wiederanstieg der Corona-Infektionen, eine hohe Inflation, ein möglicher Todesstoß für sein ehrgeiziges Sozial- und Klimaschutzpaket und entsprechend schlechte Umfragewerte plagen den US-Präsidenten.
Bei den oppositionellen Republikanern sorgt das für Schadenfreude - und einen optimistischen Blick ins neue Jahr: Bei den Kongress-Zwischenwahlen im November 2022 hat die Partei von Ex-Präsident Donald Trump gute Chancen, die Mehrheit im Repräsentantenhaus und Senat zurückzuerobern.
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Doch auch die Konservativen stehen vor schwierigen Entscheidungen. Die wichtigste ist die Frage nach dem Umgang mit Trump: Der im November 2020 abgewählte Rechtspopulist war nach der Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar mit Schimpf und Schande aus dem Weißen Haus ausgeschieden.
Trump konnte seine Macht über die Republikaner wieder festigen
Doch in den folgenden Monaten konnte der bei der konservativen Basis nach wie vor extrem beliebte und teilweise verehrte 75-Jährige seine Macht über die Partei wieder festigen.
Jetzt gilt als Konsens: Wer bei den Republikanern politisch erfolgreich sein will, braucht den Segen des in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida wie ein Monarch residierenden Trump.
„Obwohl er sein Social-Media-Megafon verloren hat, mobilisiert seine Unterstützung für Kandidaten immer noch Anhänger der Basis, treibt Wahlkampfspenden in die Höhe und kann in einigen Fällen Rivalen aus dem Weg räumen“, sagt der Politikberater Tommy Goodwin.
Allerdings birgt eine öffentliche Unterstützungsbekundung durch den höchst umstrittenen Ex-Präsidenten auch Risiken. Der Politikwissenschaftler Sam Nelson sagt, sie sei zwar bei parteiinternen Vorwahlen der Republikaner wertvoll, könne bei der eigentlichen Wahl aber hinderlich sein. „Sie motiviert Demokraten, wählen zu gehen, um gegen den von Trump unterstützten Kandidaten zu stimmen.“
Bei der Gouverneurswahl im Bundesstaat Virginia Anfang November gelang dem republikanischen Kandidaten Glenn Youngkin, der Trump im Wahlkampf vorsichtig auf Abstand gehalten hatte, ein spektakulärer Sieg.
Er schnitt insbesondere in den Vorstädten, bei unabhängigen Wählern und Frauen deutlich besser ab als Trump bei der Präsidentschaftswahl 2020 in dem Bundesstaat.
Die Kongress-Zwischenwahlen könnten in den Vorstädten entschieden werden
Auch die Kongress-Zwischenwahlen im kommenden Herbst, die sogenannten Midterms, könnten in den Vorstädten entschieden werden, in denen Trump viel weniger populär ist als in ländlichen Gegenden. Für viele republikanische Strategen lautet die Sieg-Formel deswegen: Auf eine Politik im Stile Trumps setzen, den Ex-Präsidenten selbst aber möglichst heraushalten, ohne ihn zu verärgern. Also Trumpismus ohne Trump.
Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Der als Narzisst verschriene Immobilienmogul, der mit einer erneuten Präsidentschaftskandidatur im Jahr 2024 liebäugelt, schätzt es bekanntermaßen wenig, wenn er nicht im Mittelpunkt steht.
„Donald Trump ist, wo er sein will - im Zentrum der Aufmerksamkeit“, sagt der Kommunikationswissenschaftler Peter Loge. „Er ist wie ein weinendes Kind im Gang für Süßigkeiten eines vollen Lebensmittelgeschäfts, das mehr Limonade verlangt, während es Schokoriegel auf andere Kinder wirft.“
Seine Wahlniederlage gegen Biden treibt Trump immer noch um
Es sei nur „schwer vorstellbar, dass er sich zurück nimmt, damit andere einen Platz im Rampenlicht haben“. Zumal Trump nach wie vor seine deutliche Wahlniederlage gegen Biden umtreibt.
Regelmäßig verbreitet er die vielfach widerlegte Behauptung, er sei durch massiven Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden. Für den ersten Jahrestag der Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar, bei der Hunderte seiner Anhänger eine Zertifizierung von Bidens Wahlsieg verhindern wollten, hat er eine Pressekonferenz angekündigt, die sich um seine Betrugsvorwürfe drehen soll.
Die Republikaner befürchten, dass diese Fixierung auf die Wahlen 2020 der Partei schaden könnten. „Wir müssen über die Zukunft reden, nicht die Vergangenheit“, sagte der mächtige Anführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, jüngst.
Der Ausgang der Wahlen 2022 könnte mit darüber entscheiden, ob - und wenn ja, inwieweit - Trump die Zukunft der Republikaner ist. Und ob der Ex-Präsident wirklich versucht, 2024 das Weiße Haus zurückzuerobern. (AFP)
Frankie Taggart