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Barack Obama und Benjamin Netanjahu schütteln sich bei einem Treffen im Weißen Haus in Washington die Hände.
© dpa

Obamas Besuch in Israel: Reise des guten Willens

Barack Obama möchte die Israelis davon überzeugen, dass Amerika fest an ihrer Seite steht. Sein Besuchsprogramm soll diese Verbundenheit symbolisieren. Für viele Juden im Land eine überfällige Geste.

Irans Atomprogramm, Syriens Bürgerkrieg, Frieden mit den Palästinensern – all diese Themen werden während des Israel-Besuchs von Barack Obama eine wichtige Rolle spielen. Keine Frage. Doch mit substanziellen, gar folgenreichen politischen Gesprächen rechnet in Washington und Jerusalem niemand. Weder wird während des gut 50-stündigen Aufenthalts des US-Präsidenten der Nahostkonflikt gelöst noch ein Angriff auf Teherans Nuklearanlagen beschlossen. Das hat einen einfachen Grund. Obamas Reise dient einem besonderen Zweck: Er will unter Beweis stellen, wie eng die Beziehungen zwischen der Supermacht und dem kleinen Israel sind – trotz aller nicht zu leugnenden Differenzen, zum Beispiel bei der Siedlungspolitik. Sein Aufenthalt von Mittwoch bis Freitag lässt sich auf einen Nenner bringen: Goodwill-Tour.

Dementsprechend symbolisch aufgeladen ist Obamas Programm. Das beginnt schon unmittelbar nach Landung der Air Force One auf dem Tel Aviver Flughafen Ben Gurion. Dort soll Amerikas Staatschef eine Batterie des Raketenabwehrsystems „Iron Dome“ besichtigen, die eigens für den hohen Gast auf dem Airport-Gelände installiert wird. Die USA stellen Israel jährlich viele Millionen Dollar zur Verfügung, um die Waffe zu finanzieren. Überhaupt hat die Militärhilfe nie unter den politischen Streitigkeiten gelitten. Im Gegenteil. So lautet die Botschaft, die von Obamas ersten Schritten auf israelischem Boden ausgehen soll: Wir garantieren eure Sicherheit - heute, morgen, immer.

Israels Gegenwart und Zukunft hat der US-Präsident auch im Blick, wenn er am Donnerstag vor allem mit Jugendlichen in Jerusalems riesiger Kongresshalle das Gespräch sucht. Dem Vernehmen nach war es Obamas ausdrücklicher Wunsch, dort zu reden. Denn diese Form des öffentlichen Auftritts gibt ihm die Möglichkeit deutlich zu machen, dass er dem direkten Kontakt zur Bevölkerung große Bedeutung beimisst. Nicht zuletzt, um seiner engen Verbundenheit zum Land Ausdruck zu verleihen. Eine Geste, die viele Israelis für überfällig halten. Glauben sie doch, dass es Amerika inzwischen mehr oder weniger egal ist, was aus dem Staat der Juden wird.

Derartige Zweifel will Obama möglichst zerstreuen. Zum Beispiel bei seinem touristisch anmutenden Besuch des Israel-Museums. Dort liegen im Schrein des Buches die berühmten Qumran-Rollen, jene in Höhlen am Toten Meer entdeckten Zeugnisse des antiken Juden- und frühen Christentums. Mehr als 2400 Jahre alt sind die Qumran-Rollen und nach Lesart vieler Israelis ein Ausweis dafür, dass das Judentum im Land tief verwurzelt ist. Und der US-Präsident scheint diese historischen Verbindungen nicht in Zweifel ziehen zu wollen.

In anderen politisch heiklen Fragen lässt der Gast aus Washington deutlich mehr Zurückhaltung erkennen. Obama wird zum Beispiel – anders als bei seinem Besuch 2008 – einen Bogen um die Klagemauer machen. Das bedeutendste Heiligtum des Judentums steht in Ost-Jerusalem, das Israel im Sechstagekrieg 1967 erobert hat. Doch die internationale Staatengemeinschaft hält die spätere Annexion des Territoriums für völkerrechtswidrig. Ein US-Präsident vor der Klagemauer? Das könnte diplomatische Verwerfungen zur Folge haben. Also hält sich Obama lieber fern. Auch um die Palästinenser nicht zu brüskieren. Für die hat er dieses Mal ohnehin kaum Zeit übrig. Israels Befindlichkeiten und Bedürfnisse – sie stehen im Mittelpunkt.

Gleiches gilt wohl für die ausführlichen Gespräche mit Benjamin Netanjahu. Mehrere Treffen sind vorgesehen. Einige könnten sogar laut Programm mehrere Stunden dauern. Es gibt immerhin einiges zwischen Israels Premier und Amerikas Präsidenten zu bereden. Vor allem der Konflikt mit dem Iran wird eine große Rolle spielen. Um in dieser Frage Einvernehmen herzustellen, wäre aus Sicht der Beteiligten nicht zuletzt eine angenehme, gar vertrauliche Gesprächsatmosphäre wünschenswert. Bislang allerdings verbindet Obama und Netanjahu eine von Herzen kommende Abneigung. Doch gerade Israels Regierungschef muss daran gelegen sein, das Verhältnis zu den USA zu verbessern. Schließlich ist der Staat der Juden auf die Supermacht angewiesen. Da kann eine Geste des guten Willens schon weiterhelfen. In Jerusalem hat man sich deshalb etwas ganz Besonderes ausgedacht. Obama bekommt vor Beginn der Gespräche einen Nano-Chip als Geschenk. Und der beinhaltet Symbolträchtiges: Amerikas und Israels Unabhängigkeitserklärung. Wenn das nicht verbindet.

Christian Böhme

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