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Die Spitzen der großen Koalition haben sich auf Maßnahmen zur Integration von Zuwanderern geeinigt.
© dpa/Frederik von Erichsen

Koalitionsgipfel im Kanzleramt: Regierung einigt sich auf Integrationsgesetz

Sieben Stunden lang haben die Spitzen von CDU, CSU und SPD getagt. Bei Einwanderung und Terrorabwehr gab es eine Verständigung. Viele Streitthemen sind aber weiter offen.

Die Spitzen der großen Koalition haben sich nach monatelangem Streit in der Flüchtlingspolitik auf Maßnahmenpakete zur Integration und zum Anti-Terror-Kampf geeinigt. Das teilten CDU, CSU und SPD nach siebenstündigen Beratungen im Kanzleramt am frühen Donnerstagmorgen in Berlin mit.

Ob die Runde der Partei- und Fraktionschefs um Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auch Annäherungen bei der Förderung von Elektroautos oder der Bekämpfung von Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen erzielen konnten, blieb zunächst offen. Zur Lösung der Differenzen bei der Erbschaftsteuer seien weitere Gespräche mit der SPD notwendig, hieß es aus Unionskreisen.

Die Parteichefs von CDU, CSU und SPD, neben Merkel (CDU) waren auch Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) dabei, wollen sich am Mittag im Kanzleramt auf einer Pressekonferenz zu den Ergebnissen der Beratungen äußern. Mit dabei sein sollen Innenminister Thomas de Maizière (CDU), Arbeitsministerin Andrea Nahles sowie Justizminister Heiko Maas (beide SPD).

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann schrieb auf Twitter: „50 Jahre nach dem Beginn der Einwanderung bekommt Deutschland jetzt ein Integrationsgesetz.“ Aus der Union hieß es, man sei mit den Ergebnissen bei der Integration und den Anti-Terror-Maßnahmen zufrieden. Es handele sich um „gute Maßnahmen“.

Die Koalitionsspitze legte ein sechs Seiten langes Papier mit Eckpunkten für ein Integrationsgesetz vor. Darin werden Maßnahmen zur Förderung der Eingliederung von Flüchtlingen und Migranten benannt. Zugleich listet das Papier aber auch Sanktionsmöglichkeiten auf, falls sich Betroffene der Integration verweigern. Die Eckpunkte sollen am 22. April bei einer Ministerpräsidentenkonferenz erörtert werden. Die Regierung will den Gesetzentwurf bei einer Klausur am 24. Mai in ihrem Gästehaus in Meseberg nördlich von Berlin beschließen.

Für Asylbewerber mit Ansprüchen auf Leistungen sollen aus Bundesgeldern 100.000 zusätzliche Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten oder ausreisepflichtige Menschen sollen nicht davon profitieren. Bei bestimmten Integrationsmaßnahmen soll die Pflicht zur Mitwirkung gesetzlich vorgeschrieben werden. Eine Ablehnung oder der Abbruch solcher Maßnahmen ohne wichtigen Grund soll zur Einschränkung von Leistungen führen.

Um Unklarheiten bei der Aufenthaltsgenehmigung zu vermeiden, soll der Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsleistungen an einen Ankunftsnachweis geknüpft werden. Machen Schutzsuchende eine Ausbildung, soll eine Duldung für deren gesamte Dauer gelten. Bei Asylbewerbern und Geduldeten soll für einen Zeitraum von drei Jahren die Prüfung entfallen, wonach zunächst einem deutschen oder europäischen Staatsbürger der Job angeboten werden muss.

Verlassen Schutzberechtigte unerlaubt den ihnen zugewiesenen Wohnsitz, soll dies spürbare Konsequenzen haben. Wartezeiten von bisher drei Monaten auf einen Integrationskurs will die Koalition auf sechs Woche verkürzen.

Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, kritisierte Teile des geplanten Gesetzes. Er finde es „politisch fatal“, dass die Einigung „das Signal setzt, man müsse Flüchtlingen mit Sanktionen drohen“, sagte er dem Tagesspiegel. „Nach unserer Erfahrung gibt es weniger das Problem, dass sie Integrationskurse verweigern, sondern dass sie sie nicht finden, weil das Angebot nicht ausreicht.“

Als positiv bewertete Neher die Abschaffung der Vorrangprüfung bei der Arbeitssuche. Diese habe Flüchtlinge bisher „massiv daran gehindert hat, Arbeit zu finden“, sagte der Caritaspräsident. Gleichzeitig lobte er, dass das Absenken des Mindestlohns vom Tisch sei und die Entscheidung der Koalition, die Integrationskurse weiter zu öffnen.

Kampf gegen den Terror

Im Maßnahmenkatalog zur Terrorismusbekämpfung wird vorgeschlagen, den Sicherheitsbehörden mehr Geld, Personal und Befugnisse zu geben. Die Bundespolizei soll die Erlaubnis zum Einsatz von verdeckten Ermittlern schon zur Gefahrenabwehr und nicht erst zur Strafverfolgung erhalten. Damit soll auch gegen Schleuserkriminalität vorgegangen werden.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst sollen nach dem Willen der Koalitionsspitzen stärker als bisher mit Partnerdiensten aus Europa, der Nato und Israel Daten austauschen können. Voraussetzung sei etwa ein klar definierter Zweck des Austauschs und ein begrenzter Anwendungsbereich. Gemeinsame Dateien von Geheimdiensten und Polizei müssten stärker als bisher zur Analyse genutzt werden können, heißt es weiter. (mit dpa)

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