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Freital ist wegen Anti-Asyl-Protesten seit Frühjahr vergangenen Jahres in den Schlagzeilen
© Arno Burgi/dpa

Angriffe gegen Linken-Politiker und Flüchtlinge: Rechtsterrorismus-Verdacht gegen Bürgerwehr Freital

Rechtsterrorismus-Verdacht - nach mehreren Anschlägen in Freital ermittelt die Bundesanwaltschaft jetzt offiziell gegen die "Bürgerwehr FTL/360".

Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen gegen die rechtsextreme Gruppe "Bürgerwehr FTL/360" aus dem sächsischen Freital übernommen. Den fünf Männern und einer Frau im Alter zwischen 18 und 40 Jahren wird die Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Offiziell teilte Sprecherin Frauke Köhler am Dienstag auf Tagesspiegel-Anfrage mit, der Generalbundesanwalt habe im sogenannten Komplex Freital" die Ermittlungen wegen des Tatverdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung nunmehr formal übernommen. Mit Blick auf die laufenden Ermittlungen könnten zu weiteren Einzelheiten keine Auskünfte erteilt werden.

Bislang hatte die sächsische Justiz gegen die Verdächtigen unter anderem wegen Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte ermittelt. Drei der Beschuldigten sitzen bereits seit November vergangenen Jahres in Untersuchungshaft.
Die Gruppe wird verdächtigt, 2015 unter anderem Asylunterkünfte in Freital sowie ein linksalternatives Wohnprojekt in Dresden angegriffen haben. Ihr werden darüber hinaus Angriffe auf ein Parteibüro der Linken sowie ein Sprengstoffanschlag auf das Auto eines Freitaler Stadtrats vorgeworfen.
Zudem soll die Gruppe ein Auto mit Flüchtlingsunterstützern, die sich auf dem Heimweg von einer Willkommensdemo in Freital befanden, mit einem Baseball-Schläger angegriffen haben. Dabei wurde unter anderem der Sohn des sächsischen Vizeministerpräsidenten Martin Dulig (SPD) verletzt.

Ende vergangenen Jahres hatte die Bundesregierung in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage die Bürgerwehr aus Freital zu den wenigen Gruppen dieser Art gerechnet, bei denen es "rechtsextremistische Anhaltspunkte" gebe. Damals handelte es sich demnach um den einzigen Fall, wo die Ermittlungen gegen eine Bürgerwehr zu exekutiven Maßnahmen geführt hätten. Im März hatte die Freitaler Stadtverwaltung behauptet, es gebe in der Stadt keine "nennenswerte (Neo-)Nazi-Szene".

Erst vor wenigen Wochen hatte die Generalstaatsanwaltschaft die Beschuldigten vor dem Jugendschöffengericht am Amtsgericht Dresden angeklagt, wie es in einem Bericht der "Sächsischen Zeitung" heißt. Das Verfahren sollte in diesen Tagen eröffnet werden. Doch daraus werde nun erstmal nichts. Auch über eine Verlängerung der Untersuchungshaft werde nun womöglich ein Ermittlungsrichter in Karlsruhe entscheiden. Sollte es zu einer Anklage wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung kommen, werde der Prozess vor einem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden stattfinden.

Anfang November und zuletzt im März waren bei zahlreichen Razzien in Wohnungen in Freital und Dresden Sprengmittel und Nazi-Devotionalien gefunden worden. Auch Computer wurden sichergestellt. Die Ermittlungen führte das Sonderdezernat politisch motivierte Kriminalität (PMK) bei der Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen (Ines), in der Staatsanwaltschaft und das für Extremismus zuständige Operative Abwehrzentrum (OAZ) der Polizei zusammenarbeiten. Das PMK soll mögliche rechte Strukturen im Zusammenhang mit fremdenfeindlicher Kriminalität in Sachsen aufdecken.

Freital, das nur wenige Autominuten von Dresden entfernt liegt, hatte im Sommer vergangenen Jahres bundesweit Schlagzeilen gemacht: Wochenlang demonstrierten Fremdenfeinde vor einem Flüchtlingsheim in einem ehemaligen Hotel. Immer wieder kam es zu Angriffen und Anschlägen auf Asylbewerber und ihre Unterstützer. (mit AFP)

Matthias Meisner

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