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Libyen: Rebellen feiern Gaddafis Ende

Während die Aufständischen die libysche Hauptstadt Tripolis schnellstmöglich einnehmen wollen, hat sich der Machthaber offenbar in seinem Palast verschanzt.

Berlin/Tripolis - Angesichts des sich abzeichnenden Sieges der libyschen Rebellen hat die internationale Gemeinschaft das erwartete Ende der Herrschaft von Machthaber Muammar al Gaddafi begrüßt. Regierungschefs und Außenminister aus aller Welt forderten Gaddafi am Montag zum sofortigen Machtverzicht auf. Während in Tripolis weiter gekämpft wurde, machte sich der Nationale Übergangsrat der Aufständischen auf den Weg in die Hauptstadt.

In der Nähe von Gaddafis Residenz lieferten sich Rebellen und Regierungstruppen weiter Gefechte, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Gaddafi hielt sich nach Diplomatenangaben in der Residenz Bab al Asisija auf. Auch im Süden der Hauptstadt und anderen Teilen des Stadtzentrums wurde Augenzeugen zufolge am Montag noch immer gekämpft. In der Ölstadt Brega im Osten dauerten laut den Rebellen die Kämpfe ebenfalls an. Auf den Straßen der Rebellenhochburg Bengasi und in anderen Städten feierten die Rebellen derweil bereits den Sieg. Auch in Tripolis strömten sie in Massen ins Stadtzentrum und bejubelten ihren Erfolg mit Hupkonzerten und Freudenschüssen.

Der Nationale Übergangsrat, die politische Vertretung der Rebellen, bereitete sich auf die Machtübernahme in Tripolis vor. Übergangsratspräsident Mustafa Abdel Dschalil sagte dem TV-Sender Al Arabija, es seien Maßnahmen ergriffen worden, um das Gremium nach Tripolis zu verlegen. Die Rebellen kontrollierten Tripolis fast vollständig. Einige wenige „Widerstandsnester“ würden voraussichtlich binnen 48 Stunden zerschlagen.

Die Rebellen nahmen Gaddafis Sohn Seif al Islam gefangen, der als möglicher Nachfolger galt und wie sein Vater vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht wird. Der Haager Chefankläger Luis Moreno-Ocampo bestätigte die Festnahme. Laut einem Gerichtssprecher wurde bereits mit den Rebellen über eine Auslieferung verhandelt.

Die USA, EU, Nato und Deutschland forderten einhellig den Rücktritt Gaddafis. Italiens Außenminister Franco Frattini sagte, der einzige Weg für Gaddafi sei jetzt noch der Weg vor den Strafgerichtshof in Den Haag.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kündigte für Donnerstag oder Freitag ein internationales Gipfeltreffen zu Libyen in New York an. Frankreich regte ein Sondertreffen der Libyen-Kontaktgruppe an. Dabei könne ein Plan für das weitere Vorgehen der internationalen Gemeinschaft an der Seite des Nationalen Übergangsrates ausgearbeitet werden, sagte Außenminister Alain Juppé. Der Kontaktgruppe gehören die Länder an, die an dem Einsatz beteiligt sind. Auch Deutschland arbeitet in der Runde mit, obwohl es an den Nato-geführten Kampfeinsätzen nicht teilnimmt. Unterdessen wachsen die Hoffnungen, dass das Land bereits in kurzer Zeit wieder Öl in vollem Umfang fördern und exportieren kann. Der Preis für ein Fass (159 Liter) Erdöl der Nordseesorte Brent sank am Montag in London um 2,46 Dollar auf 106,16 Dollar.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) bekräftigte die Bereitschaft, eine mögliche Anfrage zur Teilnahme der Bundeswehr an einem Stabilisierungseinsatz in Libyen nach dem Sturz Gaddafis zu prüfen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht indes keinen Anlass für rasche Entscheidungen: Ein solcher Einsatz sei „überhaupt nicht spruchreif“, sagte sie am Montag. Auch die SPD kritisierte die Debatte als verfrüht. Der Verteidigungsminister fördere „ohne Not“ Spekulationen über eine Teilnahme an bewaffneten Missionen, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Gernot Erler dem Tagesspiegel. Es gebe für eine solche Mission „bisher keine Nachfrage, keine Bedarfsermittlung, keine völkerrechtliche Grundlage“.

Nach Ansicht Erlers muss die Bundesregierung beim Wiederaufbau Libyens für ihre Enthaltung im Sicherheitsrat bezahlen. „Berlin wird bei fast keiner Hilfsanforderung, die jetzt kommt, Nein sagen können“, sagte der SPD-Politiker. „Die Rechnung für das Abseitsstehen vom 17. März, als Deutschland sich im UN-Sicherheitsrat der Stimme enthielt, dürfte jetzt präsentiert werden.“mit dpa/rtr/AFP

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