Warnung vor EM-Spielen in Wembley: „Reales Risiko, dass ein Pandemieturbo gezündet wird“
Die Delta-Variante breitet sich in England stark aus. Trotzdem sollen EM-Spiele wie geplant stattfinden. SPD und FDP fordern eine Verlegung.
Die Ausbreitung der ansteckenderen Delta-Variante des Coronavirus wird für Europa zu einer Herausforderung und gefährdet die EM-Spiele gerade in England. „Die Halbfinals und das Endspiel sollten nicht im Londoner Wembley-Stadion stattfinden, sondern verlegt werden an einen anderen Ort“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem Tagesspiegel.
Die hohe Quote der Delta-Infizierten in England erfordere das. „Wir haben jetzt die größte Mühe, die Bürger zu überzeugen, dass sie Risikogebiete wie derzeit auch Lissabon meiden sollten - und dann wird für den Fußball eine Ausnahme gemacht. Das sendet das völlig falsche Signal“, sagte Lauterbach.
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Er forderte Druck der Politik auf die Veranstalter, dass schon beim kurzfristig nicht verlegbaren Achterfinale England gegen Deutschland am Dienstag die Zahl von 45.000 Zuschauern deutlich reduziert werden müsse. „Was man relativ sicher anbieten kann, ist, wenn jeder fünfte Platz besetzt ist. Also in Wembley wären das bei einem Fassungsvermögen von 90.000 Plätzen insgesamt 18.000 Sitzplätze.“
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Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Theurer sagte dem Tagesspiegel: „Es gibt ein reales Risiko, dass im und um das Wembley-Stadion ein Pandemieturbo gezündet wird.“
Wichtig seien generell mit Blick auf die Delta-Ausbreitung scharfe Kontrollen bei der Einreise nach Deutschland. Beim deutschen Achtelfinale gegen England werden 1500 bis 2000 deutsche Fans im Wembley-Stadion sein.
Sonderregeln für Nationalteams - trotz Delta
Die Uefa vergibt die Tickets aber nur an Besucher, die in Großbritannien oder Irland leben. Die deutsche Mannschaft ist von der Pflicht zur Anmeldung und Absonderung nach Einreise aus einem sogenannten Virusvariantengebiet ausgenommen. Auch das für solche Gebiete verhängte Beförderungsverbot gilt für die Nationalmannschaft nicht. Das beschloss das Bundeskabinett vor Beginn der EM, die erstmals auf dem ganzen Kontinent in elf Ländern stattfindet.
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Der europäische Fußballverband Uefa erließ ebenfalls Sonderregelungen für das Turnier. So dürfen die Teams je 26 statt wie bisher 23 Spieler in ihren Kader berufen, damit sie bei einem etwaigen Corona-Ausbruch reagieren können.
Aber auch Fans finden immer wieder Möglichkeiten, doch vor Ort dabei zu sein: Trotz der Einreisebeschränkungen feierten am Samstag Tausende Menschen aus Dänemark rund um die Amsterdam-Arena den Viertelfinal-Einzug ihrer Mannschaft. Erlaubt war nur ein Aufenthalt von zwölf Stunden.
In mehreren Austragungsorten steigen die Infektionszahlen seit Tagen rapide an. So meldete Großbritannien am Wochenende mit fast 19.000 Neuinfektionen den höchsten Stand seit mehr als vier Monaten. Der EM-Austragungsort St. Petersburg verzeichnete am Samstag mit 107 Todesfällen die höchste Zahl an Corona-Toten seit Beginn der Pandemie - von einem Spiel der finnischen Nationalmannschaft hier kehrten viele finnische Fans infiziert zurück.
Die russische Hauptstadt Moskau registrierte am Sonntag mit 144 einen Höchststand. Bürgermeister Sergej Sobjanin sagte, täglich würden in der Hauptstadt rund 2000 Infizierte eingeliefert. Er rief alle Einwohner eindringlich dazu auf, sich impfen zu lassen: „Niemand hat eine andere Lösung gefunden.“