WC-Gebühr an der Autobahn: Rainald Grebes bedürfnisgerechter Kampf
Das meint der Komiker Rainald Grebe ernst: Er klagte gegen die Gebühren-Klos von Sanifair an Autobahnen. Und verlor. Juristisch ist das richtig. Aber sonst? Ein Einspruch
Kabarettisten und Satiriker werden öfter verklagt. Schlagzeilen machte etwa die ZDF-Lachsendung „Anstalt“ oder das Magazin „Titanic“, das sogar den Papst zum Gegner hatte. Der umgekehrte Fall, dass Kabarettisten klagen, ist seltener. Klagen sind meist ein schlechter Witz.
Deshalb dürfte es Rainald Grebe doch auch etwas ernst meinen mit seinem Feldzug für mehr Miktionsfreiheit. Dem vielreisenden Kölner Liedermacher war es zunehmend zur Last geworden, für sein drängendes Bedürfnis an Autobahnen zahlen zu müssen. Der berühmt-berüchtigte „Sanifair“-Coupon, den man sich anschließend bei Einkäufen in überteuerten Tankstellenshops teilweise anrechnen lassen kann; eine Monopolnutzung, wie sie in Deutschland selten sein dürfte. Und ein Kreislauf der besonderen Art: Wer pinkeln muss und sich mit dem Coupon-Geld eine Cola finanziert, muss sich meist bald auch wieder einen neuen Coupon kaufen und so weiter. Langfahrten drücken entweder auf die Blase oder das Portmonnaie.
Ein Missstand, den jeder kennt, aber niemand anprangert. Grebe sei dank, ist es damit vorbei. Er zog gegen das Land Rheinland-Pfalz vor das Verwaltungsgericht, um an den rund 40 nach dem „Sanifair“-Konzept betriebenen Toiletten kostenlos Wasser zu lassen. Nun kassierte er eine Abfuhr.
Leistungen der Daseinsvorsorge müssten nicht kostenlos sein
Die Richter verwiesen ihn auf kostenlose Parkplatzklos, die in nahezu gleicher Zahl an der Autobahn liegen. Außerdem sei die Autobahnklo-Bewirtschaftung Vertragssache des Bundes mit seinem Partner Tank & Rast, der „Sanifair“ als Tochtergesellschaft betreibt. Und überhaupt: Leistungen der Daseinsvorsorge müssten nicht kostenlos sein. Wer Wasser trinkt, muss es bezahlen. Wer es lässt, also ebenfalls.
Daran ist wenig auszusetzen. Juristisch ist die Klage daher wohl doch eher ein Witz. Grebe will sie wohl durchfechten. Man weiß nie, andere Instanzen kommen öfter auch auf andere Ideen. Trotzdem hat Grebe eine Problem benannt, das tatsächlich eines ist. Durst ist ein anderer Zustand als eine volle Blase. Trinken darf man fast überall, wildes Pinkeln kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Und dass Kaffee ein Getränk ist, das einen eigenen Geschmack besitzt, hat sich bei Tank & Rast noch nicht überall herumgesprochen, sonst würden sich die Coupons nicht in Handschuhfächern stapeln, wo sie häufiger landen.
Die Verstädterung hat es mit sich gebracht, dass öffentliches Pinkeln stark tabuisiert wird. Der Druck kommt also sprichwörtlich von allen Seiten. Ihn schweigend auszuhalten, während andere mit diesem Geschäft Geschäfte machen, kostet Nerven. Kostenlose Pissoirs sind keine Lösung, sagen Kulturanthropologen. Was nichts wert ist, werde auch so behandelt. Aber stimmt das auf ewig? Wenn es mal wieder probiert werden sollte, dann an der Autobahn.
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