Ukraine-Krise und die Folgen: Putin schmiedet Eurasische Wirtschaftsunion
Sechs Monate ist es her, dass die Ukraine das EU-Assoziierungsabkommen platzen ließ. Jetzt ist es Zeit für Entscheidungen: Während die Regierungschefs der Ukraine, Georgiens und Moldaus mit Kanzlerin Merkel über eine engere Bindung an die EU sprechen, geht Putin eigene Wege.
Der Weg sei „lang und schwierig“ gewesen, sagte Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko. Und einen der Wanderer habe man unterwegs verloren: die Ukraine. Früher oder später indes werde auch die Führung in Kiew begreifen, „wo ihr wahres Glück liegt“: In der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU), deren Gründungsvertrag Lukaschenko und die Präsidenten Russlands und Kasachstans – Wladimir Putin und Nursultan Nasarbajew – am Donnerstag in Kasachstans Hauptstadt Astana unterzeichneten.
Das Abkommen tritt zum 1. Januar 2015 in Kraft und macht den Weg zu einem Binnenmarkt mit 170 Millionen Menschen und freiem Verkehr von Kapital, Waren, Dienstleistungen und Arbeitskräften frei. Dazu wollen die drei Gründungsmitglieder zunächst ihre gesamte Energie-, Industrie- Verkehrs- und Agrarpolitik harmonisieren. Damit will Russland die wirtschaftliche Re–Integration der ehemaligen Sowjetrepubliken vorantreiben. Ein Projekt, das, seit Putin vor 14 Jahren zum ersten Mal gewählt wurde, ganz oben auf dessen Prioritätenliste steht.
Denn die UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS war für den Kremlchef nie mehr als ein „Instrument zur zivilisierten Scheidung“ der einstigen „Bruderrepubliken“. An deren unterschiedlicher Interessenlage waren schon diverse Re-Integrationsversuche von Amtsvorgänger Boris Jelzin gescheitert. Putin legte die Latte daher von Anfang an niedriger an und konzentrierte sich darauf, die pro-russischen UdSSR-Spaltprodukte für das Vorhaben zu begeistern.
Russische Medien nannten die Unterzeichnung historisch und verweisen auf das Potenzial des Vorhabens. So will Armenien im Südkaukasus der Eurasischen Wirtschaftsunion schon im Juni beitreten, die zentralasiatische Ex-Sowjetrepublik Kirgisistan ebenfalls in Kürze. Die Statuten lassen auch den Beitritt von Staaten zu, die nicht zum postsowjetischen Raum gehören. Iran soll daher bereits Interesse an einem Assoziierungsabkommen bekundet haben.
Merkel trifft sich mit Regierungschefs der Ukraine, Georgiens und Moldaus
Zuvor hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch in Berlin mit den Regierungschefs der Ukraine, Georgiens und Moldaus getroffen. Dabei machte Merkel deutlich, dass sie die Partnerschaft der EU zu ihren östlichen Nachbarn ungeachtet der Ukraine-Krise vertiefen will. Sie betonte bei der Begegnung aber auch, dass die Europäische Union damit nicht in Konkurrenz etwa zu Russland treten wolle. Man wolle „kein Entweder/Oder für diese Länder“.
EU will im Juni Abkommen mit Moldau und Georgien abschließen
Die EU will noch im Juni Assoziierungsabkommen mit Moldau und Georgien abschließen. Ein Teilabkommen mit der Ukraine gibt es bereits. Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk nannte als Ziel der Ukraine, ein europäisches Land zu werden. Angesichts der Unruhen in der Ostukraine und der Abspaltungsbestrebungen prorussischer Kräfte versicherte er: „Eine neue Berliner Mauer wird es nie in Europa geben.“ Merkel zeigte sich besorgt über das erneute Verschwinden von vier OSZE-Beobachtern in der Ostukraine. „Wir werden alles daran setzen, hier auch diese Beobachter in Freiheit zu bekommen.“
Jazenjuk und seine Amtskollegen Irakli Garibaschwili (Georgien) und Iurie Leanca (Moldaus) sind in Deutschland, weil sie am Donnerstag in Aachen an der Karlspreis-Veleihung teilnehmen. (mit dpa/rtr)