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Russland: Putin kämpft um Einfluss in Zentralasien

Russland fürchtet massive Sicherheitsprobleme nach dem Nato-Abzug aus Afghanistan. Gleichzeitig steigen die Chancen Moskaus, seinen Einfluss in Usbekistan wieder deutlich zu stärken.

Zufall oder nicht: Der Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin am Mittwoch in der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Usbekistan fiel quasi mit der Schließung der Nato-Kommandozentrale für Kampfeinsätze in Afghanistan zusammen. Die Sicherheitsprobleme, die mit dem Ende der Nato-Mission Ende des Jahres für Zentral- und Südasien erwartet werden, stehen derzeit ganz oben auf der Agenda des Kremlchefs. Zumal auch der usbekische Präsident Islam Karimow die Lage bei seinem Kasachstan-Besuch Ende November als äußerst kritisch bezeichnete: Die Spannungen würden eskalieren, die Aktivitäten radikal-islamistischer Gruppen zunehmen, was zu einer neuen Runde im afghanischen Bürgerkrieg führen könne. Dieser drohe auf ganz Zentralasien überzugreifen.

Usbekistan und Nachbar Tadschikistan sind besonders gefährdet. Die Bevölkerung ist tiefgläubig, Teile sympathisieren angesichts überbordender sozialer Probleme mit radikal-islamischen Gruppierungen, die einen gerechten Gottesstaat versprechen. Sie operieren dies- und jenseits der durchlässigen Grenze zu Afghanistan und finanzieren sich durch Drogen- und Waffenschmuggel. Zwar drängte sie die 2001 angelaufene westliche Anti-Terror-Operation am Hindukusch zurück, konnte sie jedoch nie völlig neutralisieren.

Es geht um die Reaktivierung eines bilateralen Vertrags

Doch gerade in Usbekistan sind die russischen Möglichkeiten begrenzt. Anders als die Nachbarn ist das Land derzeit nicht Mitglied des Verteidigungsbündnisses der UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS: der Organisation des Vertrags für kollektive Sicherheit (OVKS). Karimow versucht vielmehr seit Jahren, Moskau und Washington in Zentralasien gegeneinander auszuspielen und daraus möglichst viel eigenen wirtschaftlichen und politischen Nutzen zu ziehen.

Mit dem Abzug der Nato, deren Afghanistan-Mission aus Sicht Moskaus wie Zentralasiens zudem weitgehend gescheitert ist, steigen Russlands Chancen, das alte Einflussmonopol in Usbekistan – dem bevölkerungsreichstem Staat der Region – wiederherzustellen. Es geht um die Reaktivierung eines bilateralen Vertrags, den Karimow 2005 nach Unruhen in Andischan im ethnisch bunt durchmischten Fergana-Tal mit Russland abschloss. Er gibt Moskau bei akuter Gefahr das Recht zu umfangreicher militärischer Präsenz in Usbekistan.

Islam Karimow braucht Russlands Hilfe mehr denn je

Dessen politische Wiederannäherung an Russland war schon beim Gipfel der von Moskau und Peking dominierten Schanghai-Organisation für Zusammenarbeit im September zu bemerken, als Karimow vorbehaltlos Putins Ukraine-Politik unterstützte. Und Moskau, das ist nach den Konsultationen in Taschkent klar, steht trotz sinkender Ölpreise und schwachem Rubel bereit, die Sicherheitslücke durch eigenes Personal und Technik zu schließen. Und dies, obwohl schon das verstärkte militärische Engagement bei den OVKS-Mitgliedern Tadschikistan und Kirgisistan sowie für 2015 geplante Manöver, bei denen die Abwehr einer Invasion von Islamisten aus Afghanistan geübt wird, den russischen Haushalt schwer belasten.

Auch Islam Karimow dürfte der Kurswechsel nicht leichtgefallen sein. Doch er braucht Moskaus Rückendeckung mehr denn je. Ende Dezember wird das Parlament neu gewählt, im März der Präsident.

Elke Windisch

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