Auf der Schiene: Proteste gegen Castor-Transport
Fünf Castor-Behälter rollen von Karlsruhe nach Lubmin. Atomkraftgegner protestieren an der gesamten Strecke.
Fünf Castor-Behälter, gefüllt mit hochradioaktiven Abfällen aus der früheren Wiederaufarbeitungsanlage des Kernforschungszentrums Karlsruhe, sind am Mittwoch relativ ungehindert durch Deutschland gerollt. Vor dem Start hatten sich in Karlsruhe Greenpeace-Aktivisten an Schienen gekettet. Und in der Nacht hatten Aktivisten Schienen blockiert. Mitten in der Nacht schleppte die Polizei die Demonstranten vom Gleis und nahm zunächst 350 von ihnen in Gewahrsam. In Halle wurde Castor am späten Nachmittag für etwa eine Stunde gestoppt. Zwei Aktivisten von Robin Wood hatten sich von einer Bahnbrücke abgeseilt.
Mit insgesamt 16 Mahnwachen haben Atomkraftgegner entlang der Bahnstrecke zwischen Greifswald und Lubmin den Zug aus Karlsruhe erwartet. Während für einen Großteil der rund 900 Kilometer langen Fahrt des Transports mehrere Varianten möglich waren, muss er die letzten 20 Kilometer vor dem Zwischenlager der Energiewerke Nord (EWN) auf jeden Fall auf dem einspurigen Betriebsgleis absolvieren. Ob mehr Demonstranten gekommen waren als jene gut 300 beim vorigen Castor-Transport im Dezember, wollte ein Sprecher der Initiative „Lubmin niX da“ nicht einschätzen. An einigen der „Zeltplätze“ waren bei kaltem aber trockenem Wetter bis zu diesem Zeitpunkt kaum mehr als eine Handvoll Menschen eingetroffen. „Am Abend werden es mehr werden“, war er sich sicher. In Kräpelin wollten die Aktivisten ein Kinderfest und in Brünzow eine Lesung veranstalten. „Wir sind stolz, dass es entlang der gesamten Strecke Proteste gab und die Zeit der stillschweigenden Castortransporte nach Lubmin vorbei ist. In Schwerin war für den Abend eine Lichterkette auf dem Marktplatz geplant. In Vorpommern rechneten die Atomkraftgegner damit, dass der Castortransport am Donnerstag in den frühen Morgenstunden auf Lubmin zurollen würde. Allerdings war der Transport im Dezember besonders auf den letzten Kilometern aufgehalten worden. Erst gelang gut 200 Demonstranten eine Sitzblockade auf den Schienen. Dann ketteten sich zwei Robin-Wood-Aktivisten an einem im Gleisbett versteckten Betonklotz fest. Die Polizei brauchte mehr als fünf Stunden, bevor sie die beiden befreit hatte. Der Betonklotz war vermutlich Monate vorher unter dem Schotter versenkt worden. „Wir haben keine neuen Manipulationen festgestellt“, hieß es am Mittwoch seitens der Polizei. Ob die Beamten wirklich nichts gefunden haben oder aber nicht darüber reden wollten, blieb offen. Offener als vor acht Wochen ging die Polizei diesmal auf die Einheimischen zu. Die massive Polizeipräsenz hatte – zum Unmut der Bevölkerung – im Dezember zu einem eklatanten Verkehrschaos in und um Lubmin geführt.
In Brandenburg ist die Polizei mit 900 Beamten im Einsatz. Allerdings rechnen die Sicherheitsbehörden auf dem 30 Kilometer kurzen Streckenabschnitt in der Prignitz nur mit wenig Widerstand. In Wittenberge hat ein lokales Bündnis eine Demonstration mit Mahnwache angekündigt, bis der Zug am späten Abend den Bahnhof passiert. Alarmiert ist die Polizei aber seit vergangenem Wochenende, als ein Anschlag auf die Bahnstrecke Berlin–Rostock in Höhe Oranienburg vereitelt wurde. Ermittler sehen einen Zusammenhang mit dem Castortransport, zumal die Strecke als Ausweichroute gilt. Unbekannte hatten in Kabelschächten beiderseits der Gleise zwei Sprengsätze angebracht, die rechtzeitig entschärft werden konnten. Mit größerem Widerstand rechnet die Polizei auch aus dem benachbarten Wendland, dessen Bewohner sich heftig gegen das Atommülllager Gorleben zur Wehr setzen. Mehrere Landwirte wollen in die Prignitz fahren und dort mit ihren Traktoren Schienen blockieren. Bis zum späten Nachmittag blieb es aber ruhig, sagte ein Polizeisprecher.
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