Frankreich: Premier Valls giftet populären Minister an
Der Pariser Wirtschaftsminister Macron stiehlt Staatschef Hollande zunehmend die Schau. Regierungschef Valls wirft ihm vor, "eine andere Agenda als der Präsident" vorzubereiten.
Er ist der populärste Minister des französischen Präsidenten François Hollande – so populär, dass sich die Anhänger des Staatschefs schon Sorgen machen. Mehrere Minister haben Hollande inzwischen aufgefordert, den politischen Jungstar in die Schranken zu weisen. Es geht um Emmanuel Macron, Wirtschaftsminister, 38 Jahre alt und Gründer der politischen Bewegung „En marche“.
Macron werden Ambitionen auf das Präsidentenamt nachgesagt. Dass dies nicht überall bei den regierenden Sozialisten gut ankommt, machte Regierungschef Manuel Valls in einem Interview mit dem Magazin "Society" deutlich. "Man kann nicht als Minister eine andere Agenda als der Präsident vorbereiten", stellte Valls klar. Ganz glaubwürdig klingt das allerdings nicht - denn auch Valls selbst gilt als potenzieller Bewerber für das Präsidentenamt im kommenden Jahr.
Macron weitete die Ladenöffnungszeiten aus
Mit dem Namen von Emmanuel Macron ist die „Loi Macron“ verknüpft – jenes umstrittene Wirtschaftsgesetz, das im vergangenen Jahr verabschiedet wurde und unter anderem längere Ladenöffnungszeiten ermöglicht. Er vertritt Ansichten, die hartgesottenen Linken nicht schmecken. Als er 2014 das Wirtschaftsministerium übernahm, löste er Arnaud Montebourg ab, der Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bismarck in einem Atemzug genannt hatte. Der Vergleich kam seinerzeit bei allen Parteilinken gut an, die Deutschland für einen Hort des Neoliberalismus halten. Emmanuel Macron denkt hingegen in anderen politischen Kategorien. Der Minister, der zuvor als Investmentbanker arbeitete, gilt als Vertreter einer liberalen Politik.
Seine Bewegung "En marche" sieht er zwischen links und rechts
In der Mitte, zwischen links und rechts, sieht er auch seine Bewegung „En marche“, die er Anfang April gründete. „Der Graben zwischen Fortschrittlichen und Konservativen verläuft nicht mehr zwischen den alten Lagern, und deshalb kann nur eine neue Kraft fortschrittliche Politik verkörpern“, hat Macron nun im Interview mit der „Zeit“ gesagt.
Die Frage, ob ihm die Bewegung „En marche“ als Sprungbrett für eine mögliche Bewerbung als Präsidentschaftskandidat dient, lässt der Minister vorerst unbeantwortet. Dafür schießen die Spekulationen umso mehr ins Kraut. In Frankreich wird in diesen Tagen wieder häufiger an den 21. April 2002 erinnert – jener schicksalhafte Tag, an dem der sozialistische Kandidat Lionel Jospin in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl ausschied und dafür der Gründer des rechtsextremen Front National, Jean-Marie Le Pen, in die Stichwahl gelangte. Ähnliches könnte sich nun 2017 wiederholen, falls Hollande gegen die Front-National-Chefin Marine Le Pen antreten sollte. Macron könnte da für etliche Wähler eine Alternative darstellen.
Jedenfalls hat Hollande längst Witterung aufgenommen. Nach einem Bericht der Zeitung „Le Canard Enchaîné“ soll er über den ehrgeizigen Jungpolitiker und dessen Bewegung gesagt haben: „Er macht das zunichte, was er in der Regierung leistet.“