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Premier Erdogan.
© AFP

Türkei: Premier Erdogan in Bedrängnis

Der türkische Regierungschef Erdogan muss sich gegen neue Korruptionsvorwürfe wehren. Es geht um ein umstrittenes Bauprojekt, zwei Villen für seine Familie und eine Kulturstiftung.

In der Türkei sind neue Vorwürfe aufgetaucht, Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und seine Familie seien direkt in Korruptionsfälle verwickelt. In einer parlamentarischen Anfrage geht die Oppositionspartei CHP auf Berichte ein, wonach Erdogan sich im Gegenzug für die Genehmigung eines Bauprojekts in einem Schutzgebiet an der Ägäis zwei Villen schenken ließ. Die durch Korruptionsvorwürfe im Dezember ausgelöste Krise in Ankara zieht immer mehr wirtschaftliche Folgen nach sich. Starke Kursverluste der Lira zwangen die türkische Zentralbank zu einer Sondersitzung.

Abgehörte Telefonate

In der Anfrage will die CHP mit Blick auf das Bauprojekt in Urla an der Ägäis von Erdogan wissen, ob der Premier Besitzer von zwei der acht Villen sei, die bei dem Projekt gebaut wurden. Die CHP kritisierte zudem, dass mehrere Internetseiten gesperrt wurden, auf denen Mitschnitte abgehörter Telefongespräche zu dem Projekt in Urla abrufbar gewesen seien. Laut Medienberichten belegen die Telefonate, dass Erdogans Tochter Sümeyya sich die Villen in Urla angeschaut hat. Die Gespräche seien im Rahmen von Korruptionsermittlungen auf richterliche Anordnung abgehört worden.

Umstrittene Stiftung

Um die Familie des Ministerpräsidenten geht es auch in Berichten von regierungskritischen Zeitungen über die Bildungs- und Kulturstiftung Türgev, deren Vizepräsident Erdogans Sohn Bilal ist. Laut einer Meldung der Zeitung „Taraf“ erhielt die Stiftung in Istanbul städtische Immobilien, um darin teure Kindergärten zu betreiben. Die Zeitung „Cumhuriyet“ berichtete, Türgev habe in Istanbul ein Armeegelände zum Bau einer Universität erhalten sollen; das Vorhaben sei aber wegen der Mitte Dezember aufgetauchten Korruptionsvorwürfe gegen Erdogans Regierung auf Eis gelegt worden. Oppositionschef Kemal Kilicdaroglu bezeichnete Türgev als „Zentrum der Korruption“.

Kursverfall der Lira

Bilal Erdogan war bereits im Zusammenhang mit dem saudischen Unternehmer Yasin al Kadi genannt worden, der in ein umstrittenes Grundstückgeschäft in Istanbul verwickelt gewesen sein soll. Erdogan sieht die Vorwürfe als Angriff der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen auf seine Regierung. Er reagierte mit der Zwangsversetzung tausender Polizisten sowie mit Plänen für eine stärkere Kontrolle der Justiz.

Die politischen Turbulenzen sind ein Grund für den Kursverfall der Lira, die seit Mitte Dezember gegenüber dem Dollar rund 17 Prozent an Wert verloren hat. Dennoch hat sich die Zentralbank bisher geweigert, die Zinsen anzuheben. Sie handelte damit im Sinne der Regierung, die befürchtet, höhere Zinsen könnten vor den Kommunalwahlen im März die Wirtschaft abwürgen.

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