Parlamentswahl in Südafrika: Präsident Jacob Zuma: Der einstige Ruhm ist abgeblättert
Sein ANC ist von Skandalen geschüttelt - doch die Wahlen wird er wieder gewinnen. Und der alte wird vermutlich auch der neue Präsident sein: Jacob Zuma.
Für allzu schlau scheint Jacob Zuma seine Wähler nicht zu halten. Als der südafrikanische Präsident zu Wochenbeginn ein letztes Mal vor den Wahlen vor die Presse trat, reagierte er pikiert, als er auch dort wieder auf den illegalen Ausbau seiner Privatresidenz Nkandla mit Steuergeldern in Höhe von fast 20 Millionen Euro angesprochen wird. „Nklandla beschäftigt nur diese ganz schlauen Leute, die ganz cleveren. Leute eben, die glauben, sie könnten mir damit an den Karren fahren“, schoss Zuma genervt zurück. Für ihn und seine Wähler sei das Ganze kein Problem. „Wir werden die Wahlen trotzdem haushoch gewinnen.“
Ganz falsch liegt der 72-Jährige damit nicht: Obwohl ein Untersuchungsbericht im März zu dem Schluss kam, dass der Polygamist und seine weitläufige Familie, darunter vier Ehefrauen, beim Ausbau seines Privatanwesens auf „unethische“ Weise massiv von Steuergeldern profitiert haben, scheint die enorme Geldverschwendung seine Wähler kaum zu stören. Vielleicht einen, maximal zwei Prozentpunkte, so glauben die Wahlforscher, würde Zuma ein Skandal kosten, der anderswo einen Präsidenten aus dem Amt gefegt und seiner Partei die Macht gekostet hätte. Man will sich den Aufschrei jedenfalls nicht vorstellen, wenn ein westlicher Staatschef eine solche Summe einfach in den Ausbau des eigenen Privathauses gesteckt hätte. Zuma scheint jedoch auch diesmal davonzukommen.
Glaubt man den letzten Umfragen, dürften der seit Jahren von Korruptionsvorwürfen geplagte Präsident und sein seit 1994 regierender Afrikanischer Nationalkongress (ANC) heute erneut mit einer großen Mehrheit von vermutlich etwas mehr als 60 Prozent der Wählerstimmen im Amt bestätigt werden (2009: 65,9 Prozent). Die Loyalität, mit der viele schwarze Südafrikaner auch 20 Jahre nach dem Ende der Apartheid noch immer zu jener Partei halten, die sie vom Joch der weißen Vorherrschaft befreit hat, sitzt tief. All dies ist umso verblüffender, als sich in der Zuma-Ära ab 2009 ein Skandal an den nächsten reiht – und der ANC sich von den moralischen Werten des im Dezember verstorbenen Nelson Mandela weit entfernt hat.
Auch wirtschaftlich ist das Land am Kap unter Zuma nicht vorangekommen: All seinen Versprechungen zum Trotz haben mehr als ein Drittel aller Südafrikaner keinen Job und inzwischen auch aufgegeben, danach zu suchen, ganz überwiegend Schwarze. Fast jeden Tag kommt es aus Wut über die unfähigen und korrupten Stadtverwaltungen irgendwo im Land zu gewaltsamen Protesten. Ein dumpfes Gefühl der Unsicherheit über die Zukunft macht es vielen Südafrikanern schwer, daran zu glauben, dass sich seit 1994 wirklich vieles zum Besseren gewendet hat, wie Zuma im Wahlkampf behauptet.
Auf seiner Kampagne hat er dennoch unentwegt das Lied von einem besseren Land gesungen. Die erste freie Wahl vor 20 Jahren habe 300 Jahre Kolonialherrschaft beendet, Millionen hätten damals in langen Schlangen auf die erste Stimmabgabe gewartet, es sei eine Ära der Hoffnung gewesen. „Wir haben eine gute Geschichte zu erzählen“, sagt er auf der Abschlusskundgebung in Johannesburg. Doch irgendwie hat man das Gefühl, dass es sich dabei um die Geschichte von einem besseren Gestern handelt.
Wolfgang Drechsler
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