zum Hauptinhalt
Zine El Abidine Ben Ali.
© AFP

Staatskrise: Präsident Ben Ali flüchtet aus Tunesien

Der tunesische Präsident Zine El Abidine Ben Ali ist zurückgetreten und hat das Land verlassen. Zuvor hatte die Regierung den Ausnahmezustand über das nordafrikanische Land verhängt.

Nach blutigen Massenprotesten ist der tunesische Präsident Zine El Abidine Ben Ali am Freitag zurückgetreten und hat das Land verlassen. Zuvor hatte Ben Ali den Ausnahmezustand in dem Mittelmeerland verhängt, die Regierung abgesetzt und Neuwahlen ausgerufen. Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi erklärte jedoch, er übernehme die Amtsgeschäfte, da der Präsident dazu vorübergehend nicht in der Lage sei. Er werde die Verfassung respektieren und die angekündigten politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen umsetzen. Dazu werde er sich mit allen politischen Gruppen beraten. Der 69-Jährige ist seit 1999 Ministerpräsident und seit 2008 außerdem Vizepräsident der Regierungspartei.

Die Armee habe am späten Nachmittag die Kontrolle über den Flughafen Tunis Carthage übernommen, hieß es. Der Luftraum sei gesperrt worden. Reiseveranstalter begannen damit, deutsche Urlauber in die Heimat auszufliegen. Die Luftraumsperrung führte allerdings zu Flugausfällen, die vorzeitige Heimkehr zahlreicher Touristen verzögerte sich. Reiseveranstalter schätzen, dass mit deutschen Anbietern etwa 7000 Touristen nach Tunesien geflogen sind. Das Auswärtige Amt rät vorerst von "nicht unbedingt erforderlichen Reisen" ab. Die deutschen Reiseveranstalter sagten alle Flüge in das Land bis Montag ab.

Mit dem Ausnahmerecht wurden alle Versammlungen verboten. Die Polizei darf Gewalt anwenden und schießen, wenn ihren Befehlen nicht Folge geleistet wird. Zuvor hatte Ben Ali demokratische Reformen, Lebensmittelsubventionen und Arbeitsplätze versprochen, was die seit Tagen anhaltenden Proteste aber nicht stoppen konnte. Zehntausende Menschen hatten den ganzen Tag im Zentrum der Hauptstadt Tunis demonstriert und den Rücktritt Ben Alis gefordert. "Verschwinde, Ben Ali", rief die Menge, die sich nicht nur aus jungen Männern, sondern auch aus Frauen und älteren Bürgern formierte. Ben Ali herrschte seit 23 Jahren in dem nordafrikanischen Land. Am Freitag flog er nach Frankreich, wo sich Regierung und Polizei auf seine Ankunft vorbereiteten.

Nach stundenlanger Belagerung des Innenministeriums in Tunis löste die Polizei die bis dahin friedliche Kundgebung gewaltsam auf. Die Polizisten feuerten Tränengas ab, die Menschen flohen in Panik und mit Taschentüchern vor dem Gesicht. Zunächst war nicht bekannt, ob es wieder Verletzte oder gar Tote gab. Bei Straßenschlachten in Vororten von Tunis sollen 13 Menschen getötet und Dutzende verletzt worden sein. Auch aus anderen Städten wurden neue Auseinandersetzungen gemeldet, die inzwischen sogar auf die Touristenregion Hammamet übergriffen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die aktuelle politische Lage in Tunesien als "ausgesprochen ernsthaft" bezeichnet. Merkel sagte, die Bundesregierung werde die Lage "genau beobachten" und den Einfluss Deutschlands geltend machen, dass die Veränderungen in dem Land "möglichst friedlich" verlaufen. Der Stillstand in dem nordafrikanischen Land habe die Menschen offenbar "sehr ungeduldig" gemacht. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat sich beunruhigt über die Gewalt in Tunesien gezeigt. Mit Nachdruck mahnte er zu Zurückhaltung und forderte alle Parteien auf, durch Gespräche eine friedliche Lösung zu finden. Er beobachte die Anspannungen "mit Sorge" und sei betrübt über den Tod vieler Demonstranten. (mit dpa, rtr)

Zur Startseite