zum Hauptinhalt
Petro Poroschenko nach der ersten Runde der Präsidentenwahl.
© Efrem Lukatsky/AP/dpa

Rededuell vor Ukraine-Stichwahl: Poroschenko will gegen Selenski im Stadion antreten

Präsident Poroschenko kneift nicht vor dem Komiker Selenski und will debattieren – live im TV und vor möglicherweise 70.000 Zuschauern in Kiew.

Wie bei einem Boxkampf fordert der Komiker Wladimir Selenski das politische Schwergewicht Petro Poroschenko mit einem dramatisch inszenierten Video heraus. Der ukrainische Präsident musste nach seiner Schlappe am Sonntag zusehen, wie der Neuling der Politik an ihm vorbeizog. Mit haushohem Abstand.

Mehr als 30 Prozent der Stimmen erhielt der 41-Jährige, wie die Wahlkommission am Donnerstag in ihrem vorläufigen amtlichen Endergebnis mitteilte. Dagegen landete Poroschenko etwa bei der Hälfte. Und auch mit dem nächsten Schritt - mit dem Rededuell in Kiew - kam der junge Schauspieler dem 53-Jährigen zuvor. Einen Termin dafür gab es zunächst nicht.

Angestachelt von Selenskis Video am Vorabend trat Poroschenko noch in der Nacht selbst vor sein Präsidentenamt, um per Video zu erklären: „Ich warte auf Sie.“ Den Clip ließ der eher behäbige Poroschenko auch in den sozialen Netzwerken veröffentlichen, eine Domäne, in der Selenski wie ein Vollprofi spielt. Dass er nun in der von Ex-Boxweltmeister und Bürgermeister Vitali Klitschko regierten Stadt den Showdown im Stadion ankündigt, passt zu diesem Wahlkampf. Selenski befeuert die Sehnsucht nach frischem Wind und neuen Gesichtern auf allen Kanälen.

Das ukrainische öffentlich-rechtliche Fernsehen will die TV-Debatte vor der für den Ostersonntag (21. April) erwarteten Stichwahl ermöglichen. „Jetzt liegt es an der Zentralen Wahlkommission, die noch zustimmen und gemäß dem Gesetz das aus dem Staatshaushalt bezahlen muss“, teilte Fernsehchef Surab Alassanija mit.

Die Polizei werde im Stadion der Fußball-Europameisterschaft von 2012 für Sicherheit sorgen, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Artjom Schewtschenko. Bedingung sei allerdings: die Fans beider Kandidaten-Teams müssten sich höflich verhalten und dürften nicht gegen die Rechtsordnung verstoßen. 70.000 Plätze fasst die Arena.

Unsicher ist, inwieweit der russischsprachige Wladimir Selenski einer Debatte in der Amtssprache Ukrainisch gewachsen ist. Die beherrscht Poroschenko aus dem Effeff. Im Vorfeld hatte jedoch Selenskis politischer Berater Dmitri Rasumkow unterstrichen, dass sich der Herausforderer im Falle eines Wahlsieges an die gesetzlichen Sprachregelungen halten werde: „Als Garant der Verfassung wird er auf Ukrainisch sprechen.“

Der 1978 geborene Selenski hatte zwar Ukrainisch-Unterricht in der Schule. Aber nach eigenen Angaben begann er erst 2017 mithilfe eines Lehrers damit, seine Kenntnisse zu verbessern. Längst spricht Selenski im Fernsehen Ukrainisch - auch in der anfangs auf Russisch produzierten Comedy-Serie, in der er den ukrainischen Präsidenten spielt und sich über die korrupte Machtelite lustig macht.

Selenski fordert vor TV-Duell Alkoholtest

Es gilt als ausgemachte Sache, dass der auf internationaler politischer Bühne extrem erfahrene Poroschenko versuchen wird, seinen Herausforderer als plan- und ahnungslosen Populisten hinzustellen. Deshalb wurden Selenski vorab wenig Chancen gegeben, Fernsehdebatten gegen den Profi zu gewinnen. Doch ist der Kabarettist für seine Schlagfertigkeit bekannt und durch Poroschenkos Regierungszeit zieht sich eine Kette von Skandalen. Und für Poroschenko ist das Format ebenfalls ein Novum, weil er sich noch 2014 weigerte, an einer solchen Debatte teilzunehmen.

In seinen Angriffen seit der Schlappe am Sonntag attackierte Poroschenko den Herausforderer mehrfach persönlich: Selenski sei Marionette des Oligarchen Igor Kolomoiski. Und auch eine Nähe zu Russland warf Poroschenko dem Schauspieler vor. Dabei stehen beide für einen rigorosen Kurs in Richtung EU.

Selenski stellte noch Bedingungen für ein TV-Duell: Poroschenko solle sich für seine Diffamierungen entschuldigen; das Duell solle vor Wahlberechtigten und Journalisten im Olympiastadion ausgetragen werden, die kritische Fragen stellen dürften. Und auch einen Drogen- und Alkoholtest sollten beide Duellanten vorher absolvieren. „Das Land braucht einen gesunden Präsidenten“, sagte der sportliche Selenski. Wie bei einem Boxkampf sollen beide an diesem Freitagmorgen zu den Tests erscheinen. (dpa)

Zur Startseite