Verbotene „Geeinte deutsche Völker und Stämme“: Polizei findet Schrotflinten, Armbrüste und Macheten bei Reichsbürger-Razzia
Die Razzia bei Reichsbürgern brachte auch in Berlin allerhand Waffen hervor. Den erschreckendsten Fund machten die Polizisten in Gummersbach.
Bei ihrer Razzia in der Reichsbürger-Szene vor einer Woche hat die Polizei mehrere Schusswaffen entdeckt. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen fanden die Beamten bei einer Endfünfzigerin im nordrhein-westfälischen Gummersbach unter anderem drei abgesägte Schrotflinten, drei Armbrüste, zwei Macheten und eine Zwille.
Auch in der Wohnung eines Mitglieds der gleichen Gruppierung in Rheinland-Pfalz wurde eine Schrotflinte sichergestellt. Bei einem Mann in Dresden fanden die Polizisten ein japanisches Kampfschwert.
Vier Objekte der Reichsbürger in Berlin durchsucht
Als Einsatzkräfte die Wohnung einer Anhängerin der Gruppierung in einem Vorort von Dresden durchsuchten, wurden sie nach dpa-Informationen von deren hochbetagter Mutter bedroht. Sie soll vom Nachbargrundstück aus ein Luftgewehr auf sie gerichtet haben.
Bei einer in Berlin ansässigen Frau, die im Namen der Gruppe Videos über Youtube verbreitet, soll ein Dokumentendrucker gefunden worden sein. Insgesamt hatten die Beamten den Angaben zufolge in Berlin vier Objekte in Augenschein genommen.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte am vergangenen Donnerstag zum ersten Mal eine Reichsbürger-Gruppierung bundesweit verboten. Rund 400 Polizisten durchsuchten die Wohnungen 21 führender Mitglieder des Vereins „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ und seiner Teilorganisation „Osnabrücker Landmark“ in zehn Bundesländern.
Die Mitglieder „bringen durch Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus ihre Intoleranz gegenüber der Demokratie deutlich zum Ausdruck“, hieß es aus dem Innenministerium. In den vergangenen Jahren sei die Gruppierung, deren Mitglieder vorwiegend älter als 50 Jahre sind, unter anderem durch „verbalaggressive Schreiben“ aufgefallen.
Sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter zweifeln die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland an und weigern sich oft, Steuern zu zahlen. Die Sicherheitsbehörden rechnen aktuell 19 000 Menschen dieser Szene zu, darunter 950 Rechtsextremisten.
Einige Gruppierungen berufen sich auf ein selbst definiertes „Naturrecht“, andere auf das historische Deutsche Reich. Viele unter ihnen behaupten, die Bundesrepublik sei in Wirklichkeit kein Staat, sondern ein Unternehmen. Sie erkennen Gesetze und Behörden nicht an und wehren sich teilweise gewaltsam gegen staatliche Maßnahmen.
530 Reichsbürger besaßen Ende 2019 legal eine Waffe
Die Mitglieder der Reichsbürger-Szene gelten als waffenaffin. Seit 2016 haben die Behörden zwar 790 Reichsbürgern die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen. 2016 war es auch, als ein Verschwörungsideologe im fränkischen Georgensgmünd einen Polizisten tötete. Seitdem nehmen die Sicherheitsbehörden die Gefahr ernst.
Da der Verfassungsschutz seine Aufklärung in diesem Bereich verstärkt und sich auch immer wieder weitere Menschen der Szene angeschlossen haben, gab es nach Kenntnis der Sicherheitsbehörden Ende 2019 immer noch 530 Reichsbürger, die legal eine Waffe besaßen. (dpa, Tsp)