Sachsens Ministerpräsident Kretschmer: "Politiker dürfen keine Volkserzieher sein"
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer warnt die Politik vor einer Bevormundung der Wähler. Denn "politische Extremisten wie die AfD" könnten davon profitieren, sagt der CDU-Politiker.
Sachsens neuer Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die Politik vor einer Bevormundung der Wähler gewarnt. „Politiker dürfen keine Volkserzieher sein“, sagte Kretschmer dem Tagesspiegel. "Mich stört sehr dieses Bild vom Vater Staat. Nicht der Staat hält sich die Bürger, sondern die Bürger haben sich den Staat geschaffen. Die sagen, was er zu tun und zu lassen hat." Sein oberstes Ziel als Politiker und neuer Ministerpräsident sei Zusammenhalt: "Es geht um Zusammenhalt. Alles, was ich als Ministerpräsident tue, hat dieses Ziel. Denn wenn die Leute keine Hoffnung spüren und keinen Zusammenhalt, bin ich als Politiker gescheitert, weil ich zu lange nur doziert habe. Das soll mir nicht passieren."
Der 42-Jährige, der am 13. Dezember als Nachfolger von Stanislaw Tillich vereidigt worden und bald 100 Tage im Amt ist, plädierte dafür, in der Debatte mit Populisten und der AfD gelassener zu werden. Er sagte: "Populismus ist nichts anderes, als unsere demokratischen Leitplanken infrage zu stellen und zu verschieben. Wir sollten darüber nicht immer so erschrecken, sondern mit der Diskussion anfangen. Nicht jeder, der einen kritischen Punkt hat, ist radikal und fällt für ein Gespräch aus. Man muss sich eben nur Mühe geben und Argumente haben." Kretschmer will den Menschen nicht sagen, "wie es zu sein hat", das sei nicht der Anspruch seiner Politik. Politik beruhe darauf, zu nehmen was ist. Kretschmer warnte: "Politiker dürfen nicht glauben, sie könnten eine Außenperspektive einnehmen und die Leute von dort aus beurteilen. Das verletzt und irritiert Menschen, und es ist fatal, weil politische Extremisten wie die AfD davon profitieren."
Die sächsische CDU landete bei der vergangenen Bundestagswahl erstmals hinter der AfD, wenn auch nur sehr knapp. Danach musste Stanislav Tillich gehen. Kretschmer, der sein eigenes Direktmandat für den Bundestag an einen AfD-Mann verlor und bisher Generalsekretär der CDU-Sachsen war, wurde zum Nachfolger ernannt. Der Tagesspiegel hat den neuen Landesvater in einer schwierigen Zeit in seinen ersten 100 Tagen begleitet. Das große Porträt können Sie am Mittwoch in der Printausgabe des Tagesspiegels lesen oder ab 19 Uhr hier.