Zweiter Weltkrieg: Polens Präsidentenberater verteidigt Reparationsforderungen
Am Montag hatte das Parlament ein Rechtsgutachten veröffentlicht, wonach Polen Entschädigungen für die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg zustehen.
Krzysztof Szczerski, Kabinettschef des polnischen Präsidenten Andrzej Duda, hat Polens Reparationsforderungen an Deutschland heruntergespielt. Bisher gebe es weder einen formellen Antrag des Parlaments noch der Regierung, sagte Szczerski in Berlin vor Gästen der Deutschen Gesellschaft für Außenpolitik (DGAP). Er äußerte die Hoffnung, dass die Reparationsfrage „keinen Einfluss auf die Atmosphäre der Beziehungen“ habe.
Am Montag hatte der Sejm, das Parlament, ein Rechtsgutachten veröffentlicht, wonach Polen Entschädigungen für die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg zustehen. 1953 hatte die damalige Regierung auf Reparationszahlungen verzichtet. Aber diese Erklärung sei verfassungswidrig, weil Polen damals nicht souverän entscheiden konnte und auf Druck der Sowjetunion handelte. Zudem richtete sich die Erklärung nur an die DDR, stellte das Gutachten fest. Nach Auffassung der Bundesregierung sind die Reparationsfragen endgültig geklärt. Deutschland stehe zu seiner Verantwortung für die „unfassbaren Verbrechen“ im Zweiten Weltkrieg, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Rechtlich sei das Kapitel aber abgeschlossen.
Beziehungen zur EU angespannt
Szczerski war zu einer Grundsatzrede über die Europapolitik nach Berlin gekommen. Polens Beziehungen zur EU und zu Deutschland sind angespannt, nachdem die seit Herbst 2015 regierende nationalpopulistische Partei PiS die Unabhängigkeit der Gerichte und der Medien unterminiert hat. Die EU hat zwei Verfahren gegen Polen eingeleitet, wegen des Verdachts, dass der Rechtsstaat gefährdet sei.
Gäste der DGAP waren in der Hoffnung gekommen, dass Szczerski konkrete Vorschläge macht, wie man diese Spannungen überwindet und wo man kooperieren könne. Nach seiner Rede reagierten viele enttäuscht. Der Präsidentenberater drehte den Spieß um und machte der EU und Deutschland die Vorwürfe, denen sich Polen sonst gegenübersieht: Sie stellten falsche Diagnosen der wichtigsten Herausforderungen und instrumentalisierten die Öffentlichkeit mit populistischen Parolen. Seine Erwartung, dass Reparationsforderungen keinen Einfluss auf das bilaterale Verhältnis haben, nannte ein Zuhörer „weltfremd“.
EU kann keine Sicherheit garantieren
Die EU könne heute weder Sicherheit noch Freiheit garantieren, beklagte Szczerski. Sie biete lediglich ökonomische Vorteile. Er machte keine Vorschläge, wie die EU handlungsfähiger werden könnte, sondern definierte, welchen Reformen Polen keinesfalls zustimmen werde. Die Euro-Zone dürfe sich nur insoweit enger zusammenschließen, als der Einfluss von Nicht-Euro-Mitgliedern wie Polen darunter nicht leide. Und eine vertiefte Zusammenarbeit einzelner EU- Staaten sei nur zulässig, wenn dadurch keine neuen Barrieren für die Länder entstünden, die dabei nicht mitmachten. Das Ziel eines „Europa verschiedener Geschwindigkeiten“ lehnte er ab. „Schneller ist nicht gleich besser.“
Die EU müsse eine Union freier und souveräner Völker bleiben. Sie solle es ihren Bürger ermöglichen, mehr zu erreichen und nicht weniger. Heute sei die EU „eine Union, die Mitgliedern sagt, was sie nicht dürfen“. Erst auf Nachfragen nannte Szczerski Beispiele, welche gemeinsamen Projekte mit Deutschland er sich wünsche: innere und äußere Sicherheit in EU und Nato, gemeinsame Debatten über die Zukunft der Euro-Zone und eine innere Reform der EU. Auf Fragen zum Rechtsstaat – etwa warum die PiS sich weigere, Urteile des polnischen Verfassungsgerichts zu veröffentlichen und damit in Kraft zu setzen – ging Szczerski nicht ein.