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Nach Beleidigung: Pofalla zeigt öffentlich Reue

Unmut an der Basis macht sich breit. Nachwuchsorganisationen fordern Pofallas Rücktritt.

Berlin - Nach der Verbalattacke von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla gegen den Euro-Abweichler Wolfgang Bosbach müht sich die CDU-Führung um eine Beruhigung der Gemüter in der Partei. Pofalla entschuldigte sich öffentlich für seine Entgleisung. Aus den Nachwuchsorganisationen von FDP und CDU wurden erste Forderungen nach Entlassung laut. Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs und Wirtschaftsstaatssekretär Peter Hintze (beide CDU) forderten ein Ende der Debatte.

An der Basis gibt es jedoch Unmut. Das zeigte sich bei der letzten Regionalkonferenz der CDU am Dienstagabend in Magdeburg. Eine solche rechte Hand wie Pofalla könne sich die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin nicht leisten, sagt CDU-Mitglied Michael Nickel. Nicht nur er regte sich über Pofalla auf. Auch andere geißelten einen solchen Umgangston in der CDU. Außerdem spreche Bosbach vielen Bürgern im Land aus der Seele. Merkel schwieg in Magdeburg.

Der CDU-Innenexperte Bosbach gehört zu den zehn Unions-Abgeordneten, die in der vergangenen Woche im Bundestag nicht für die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF gestimmt haben. Pofalla hatte seinen Parteikollegen Bosbach vor der Abstimmung mit Sätzen wie „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen“ attackiert. Er entschuldigte sich am Tag danach. Bosbach erklärte die Sache daraufhin für erledigt.

Nun zeigte Pofalla auch öffentlich Reue. Der „Bild“-Zeitung sagte der Kanzleramtschef: „Ich ärgere mich selbst sehr über das, was vorgefallen ist, und es tut mir außerordentlich leid.“ Wirtschaftsstaatssekretär Hintze wertete die Diskussion über Pofallas Wutausbruch als überzogen und mahnte im Deutschlandfunk, „die Sache für abgeschlossen zu erklären“. Auch Unions-Fraktionsvize Fuchs riet dazu, den Vorfall nun auf sich bewenden zu lassen. Pofalla sei „ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen“, sagte er dem Südwestrundfunk. „Aber das darf man auch nicht überbewerten.“

Der niedersächsische CDU-Politiker Frank Oesterhelweg bezeichnete Pofallas Äußerungen als „Frechheit“ und verlangte, „in der Unions-Spitze personelle Veränderungen vorzunehmen“. Um das Erscheinungsbild der Union stehe es denkbar schlecht. „Wenn jetzt nicht bald aufgeräumt wird, laufen uns Mitglieder und Wähler in Scharen davon.“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, kritisierte Pofallas Verhalten in der „Welt“ als „niveaulos und selbst entlarvend“. Rückendeckung bekam der Kanzleramtsminister dagegen aus den Reihen der Grünen. Der frühere Außenminister und Vizekanzler Joschka Fischer, der im Umgang mit Parteikollegen selbst als wenig zimperlich galt, äußerte Verständnis für Pofallas Wutausbruch. „Mir ist ein deftiges Wort des Zorns immer lieber als eine scheinbar freundlich vorgetragene süßsaure Hinterhältigkeit“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“.

Bosbach hielt sich mit Äußerungen über Pofalla zurück. Der CDU- Abgeordnete verteidigte jedoch sein Abstimmungsverhalten im Bundestag. Eine Partei habe immer Interesse an Geschlossenheit, sagte Bosbach im Bayerischen Rundfunk. Aber: „Wir sind stolz darauf, plurale Parteien zu sein, wo Menschen unterschiedliche Auffassungen vertreten und unterschiedliche politische Ziele haben.“

Die FDP-Nachwuchsorganisation Junge Liberale forderte indirekt die Entlassung Pofallas. „Herr Pofalla leistet schon lange keine gute Arbeit. Die Schnittstellenfunktion des Kanzleramtes funktioniert nicht. Daraus sollten langsam Konsequenzen gezogen werden“ sagte der JuLi-Vorsitzende Lasse Becker. „Wenn das Kanzleramt schon mit den eigenen Leuten derart umspringt, muss man sich nicht wundern, dass es in der Koalition oft hakt“, sagte Becker weiter. Die Junge Union Potsdam-Mittelmark hatte Merkel zuvor aufgefordert, zu überdenken, „ob Pofalla der richtige Mann für das Kanzleramt ist“. (dapd/dpa)

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