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Will mehr Dialog zwischen den deutschen in Ost und West: Matthias Platzeck (SPD)
© dpa/Michael Kappeler

„Demokratie am Rande einer Krise“: Platzeck macht teils „ungute Grundstimmung“ im Osten aus

Viele Ostdeutsche fühlen sich vom Staat nicht mehr hinreichend geschützt, sagt Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Platzeck. Grund seien auch Krisenerfahrungen.

Der Chef der Kommission 30 Jahre Deutsche Einheit, Matthias Platzeck, sieht bei Teilen der Ostdeutschen eine „ungute Grundstimmung“. Von den herkömmlichen Parteien und ihrer Auseinandersetzung hätten sie sich abgewendet. Dazu beigetragen hat seiner Ansicht nach auch eine Reihe von Krisenerfahrungen.

Es ist schon seltsam. Die Mauer ist länger weg, als dass sie stand. Trotzdem schlägt die Politik immer noch eine Lücke zwischen Ost und West.

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„Wir müssen die Abfolge und die Summe der Ereignisse im Auge haben: Zusammenbruch nach 1990, Finanzkrise 2008 und Flüchtlingskrise 2015, alles in einer Generation“, sagte der frühere Brandenburger Ministerpräsident der Deutschen Presse-Agentur. „Bei nicht wenigen Menschen hat sich das Gefühl ausgebildet, der Staat, von dem sie das eigentlich erwarten, habe nicht mehr alles im Griff und schütze sie nicht mehr hinreichend.“

Hinzu kommt nach Einschätzung des Sozialdemokraten, dass die „herkömmlichen Volksparteien“ die Gesellschaft nicht mehr überall durchdringen und abbilden. „Wir haben zumindest bei uns im Osten viele Orte, wo es sie schlicht nicht mehr gibt“, sagte Platzeck. „Insgesamt sehe ich unsere Form des gesellschaftlichen Zusammenlebens, unsere Demokratie am Rande einer Krise.“ Wenn die exzellenten Wirtschaftsdaten schlechter würden, könne sich diese Krise schnell verschärfen.

Zwischen Ost- und Westdeutschland macht der Kommissionsvorsitzende eine wachsende Kluft aus. „Mein Gefühl ist, dass im Osten das „West-Bashing“ wieder ein Stück zunimmt“, sagte Platzeck. „Im Westen trifft man eher auf ein Desinteresse am Osten, was man so zusammenfassen kann: Jetzt haben wir über Jahrzehnte so viel Geld bei Euch reingepumpt und ihr wählt immer noch so einen Quatsch.“

„Wieder miteinander reden“

In Brandenburg und Sachsen werden am 1. September neue Landtage gewählt. Nach den jüngsten Umfragen liegt die AfD in Brandenburg vorn und in Sachsen auf Platz zwei.

Der Kommissionschef hofft, mit den Feiern zum Einheitsjubiläum beizutragen zu einem positiven Grundgefühl für das, was nach 1990 gemeinsam geschafft worden ist. Er sieht die Chance, Ost- und Westdeutsche im 30. Jahr der Einheit wieder ins Gespräch zu bringen.

„Es ist allerhand eingeschlafen: die Neugier, die Auseinandersetzung untereinander, die Städtepartnerschaften“, erklärte er. „Ich möchte, dass wir wieder miteinander reden.“ Deshalb seien „keine großen Staatsakte“ geplant, sondern viele Gelegenheiten der Begegnung, der Debatte und des Austausches - auch mit Frohsinn. „Es muss nicht nur bierernst sein“, sagte Platzeck. „Ich hoffe, dass es ein produktives und frohgemutes Jahr wird, was den Leuten ein besseres Gefühl erzeugt, als wir es heute wahrnehmen - auch untereinander. (dpa)

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