Vor dem Ukraine-Gipfel in Minsk: Petro Poroschenko besucht demonstrativ Verwundete
US-Präsident Barack Obama hat in einem Telefonat persönlich an Russlands Präsidenten Putin appelliert, für Frieden in der Ukraine zu sorgen. Eine Drohung richtete er dabei auch nach Moskau. Die Separatisten widersprechen Berichten über eine Waffenruhe.
Vor einem geplanten Krisengipfel mit Kanzlerin Angela Merkel und Kremlchef Wladimir Putin an diesem Mittwoch in Minsk hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko demonstrativ die Stadt Kramatorsk besucht. Dort waren beim Einschlag von Raketen in einem Wohnviertel mindestens 15 Menschen getötet und 63 verletzt worden. Das Präsidialamt in Kiew veröffentlichte am Mittwoch Fotos von Poroschenko in militärischem Tarnfleck. Der Staatschef habe Verletzte im Krankenhaus besucht und den Einschlagsort der Raketen begutachtet.
„Wir sollen den Frieden schützen, wir sollen Kramatorsk schützen, wir sollen die Ukraine schützen“, sagte Poroschenko dem Präsidialamt zufolge. „Deshalb fahre ich nach Minsk, und wir werden die Unterbrechung des Krieges, den Abzug der (russischen) Truppen und den Beginn eines politischen Dialoges ohne Einmischung von außen fordern“, betonte der prowestliche Staatschef in Kramatorsk. Die Separatisten weisen Vorwürfe zurück, sie hätten die Stadt beschossen.
Kramatorsk liegt etwa 50 Kilometer von der Front entfernt. Beobachter in Kiew schließen nicht aus, dass die prorussischen Aufständischen dort am Dienstag ein militärisches Hauptquartier beschossen hatten.
Poroschenko will am Mittwoch in Minsk mit Merkel und Putin sowie mit dem französischen Präsidenten François Hollande über den Konflikt verhandeln.
Barack Obama drängt Putin zum Frieden und droht
Am Tag vor dem geplanten Gipfeltreffen zur Ukraine-Krise hat US-Präsident Barack Obama den russischen Präsidenten Wladimir Putin telefonisch aufgefordert, die Chance zu einer friedlichen Beilegung des Konfliktes zu nutzen. Obama habe "die Wichtigkeit betont, eine Verhandlungslösung zu erreichen und umzusetzen, die auf die Verpflichtungen des Minsker Abkommens aufbaut", teilte das Weiße Haus am Dienstag in Washington mit.
Sollte Russland hingegen seine "aggressiven Taten" in der Ukraine fortsetzen, würden Moskaus "Kosten" dafür steigen, hieß es weiter. Konkret warf der US-Präsident Putin vor, Truppen, Waffen und finanzielle Mittel in die Ukraine zu senden, um die Separatisten zu unterstützen. Zudem habe Obama erneut darauf gepocht, "die Souveränität und die territoriale Integrität" der Ukraine zu achten.
Inmitten anhaltender schwerer Gefechte in der Ostukraine ist für Mittwoch ein Gipfeltreffen zur Befriedung des Konflikts in Minsk geplant. Ob die Verhandlungen zwischen dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko, seinem russischen Amtskollegen Putin, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Präsidenten François Hollande wie vorgesehen stattfinden können, war jedoch unklar.
Rebellen widersprechen Bericht über Waffenruhe
Vor dem geplanten Krisengipfel haben Berichte über eine angebliche Feuerpause erste Hoffnungen geweckt, die aber umgehend von den Aufständischen gedämpft wurden. Unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Informanten schrieb die russische Agentur Itar-Tass, die Konfliktparteien hätten die Einigung bei einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe am Dienstagabend in Minsk erzielt. Vermittelt habe die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Von Seiten der Aufständischen wurden diese Berichte relativiert. "Bislang ist es zu früh, von einer Waffenruhe zu sprechen, wenigstens in Bezug auf den morgigen Tag", sagte Separatistensprecher Denis Puschilin.
Kampf um jeden Meter Boden
Kurz vor dem vorgesehenen Krisentreffen kämpften prorussische Separatisten und ukrainische Truppen unvermindert weiter, um die eigene Verhandlungsposition zu stärken. Nach jüngsten Geländegewinnen der Aufständischen hatten Vertreter der Regierungstruppen mehrfach Unzufriedenheit mit der Armeeführung geäußert. Der ukrainische Präsident Poroschenko warf feindlichen Kämpfern vor, Stellungen der Armee mit russischen Raketenwerfen nahe Kramatorsk angegriffen zu haben. Dabei seien mindestens 15 Zivilisten getötet und 26 verletzt worden, teilte die Donezker Gebietsverwaltung mit. Auf dem örtlichen Militärflughafen wurden zudem 38 Soldaten verletzt. Die Aufständischen wiesen die Vorwürfe zurück. (AFP, dpa)