CDU-Generalsekretär: Peter Tauber will neues Gesetz für Einwanderung
Jahrzehntelang war Deutschland für die CDU „kein Einwanderungsland“ - jetzt fordert ihr Generalsekretär Peter Tauber ein Einwanderungsgesetz. Von der SPD und den Grünen kommt viel Zustimmung.
Die CDU-Spitze hat eine Debatte über ein neues Zuwanderungsgesetz angeschoben. Generalsekretär Peter Tauber forderte am Donnerstag, dass die Debatte über Zuwanderung viel breiter geführt werden müsse als bisher. "Wir haben noch nicht bis zum Ende durchdacht, was alles für ein erfolgreiches Einwanderungsland nötig ist", sagte er.
Peter Tauber fordert eine breitere Debatte
"Aber ich glaube, es greift viel zu kurz, wenn wir Zuwanderung nur unter Arbeitsmarkt-Gesichtspunkten diskutieren." Es gehe darum, zu fragen, welche Zuwanderung Deutschland brauche und wie die Anforderungen an Menschen aussähen, die dauerhaft in Deutschland bleiben wollten. "Das aber setzt voraus, dass wir über ein Einwanderungsgesetz sprechen, in dem wir festlegen, welche Fähigkeiten, welche Bildung und welche Bereitschaft, sich für unser Land einzusetzen, Zuwanderer mitbringen müssen, um Deutsche zu werden“, sagte Tauber.
Tauber sagte, man wolle in Deutschland nicht nur Arbeitskräfte, die eine Weile blieben und im Fall eines wirtschaftlichen Abschwungs vielleicht auch wieder gingen. "Ein auf lange Sicht erfolgreiches Einwanderungsland braucht Menschen, die nicht nur Arbeit suchen, sondern auch dauerhaft Verantwortung übernehmen wollen und können."
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann begrüßt den Vorstoß
Der SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann begrüßte den Vorstoß. Die Bedeutung von Zuwanderung sei auch Schwerpunkt der Fraktionsklausur am Freitag. "Wir müssen jedes Jahr 400.000 Arbeitnehmer ersetzen, die mehr aus dem Erwerbsleben ausscheiden als eintreten", sagte Oppermann. "Einwanderung ist ökonomisch notwendig. Wer auf Einwanderung verzichten will, gefährdet unseren gesamten Wohlstand."
Unterstützung erhält der CDU-Generalsekretär auch vom Wirtschaftsflügel
Unterstützung erhielt CDU-Generalsekretär Tauber auch vom Unions-Wirtschaftsflügel. "Die bestehenden Regelungen sind ein unübersichtliches Sammelsurium - ein bisschen für Studenten, etwas für Investoren, etwas für ausländische Arbeitnehmer, für Familienangehörige", sagte der Vorsitzende der Unions-Mittelstandsvereinigung MIT, Carsten Linnemann, zu Reuters. Der CDU-Politiker will dafür eine Liste an Kriterien definieren, um den Bedarf zu bestimmen.
Angela Merkel hatte ein Punktesystem im Dezember abgelehnt
Auch der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Michael Fuchs hält das für richtig. "Es ist wichtig, eine Lösung für die Zuwanderung von Nicht-EU-Bürgern zu finden. Dabei finde ich die kanadische Lösung eines Punktesystems am besten", sagte Fuchs. Dabei werden etwa die Sprachkenntnisse oder der Bedarf am Arbeitsmarkt gemessen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte den Vorschlag einer Punktelösung wie auch die Integrationsbeauftragte der Regierung, Aydan Özuguz (SPD), im Dezember abgelehnt. Die Idee wird in der Union aber verstärkt diskutiert und fand sich auch im Entwurf des wirtschaftspolitischen Antrags der Parteispitze für den CDU-Bundesparteitag im Dezember, bevor er wieder gestrichen wurde.
Die Grünen bekräftigen ihre Forderung nach einem modernen Gesetz
Grünen-Chefin Simone Peter sagte am Donnerstag: "Es wäre gut, wenn die Union ihre Scheuklappen ablegt und sich für die Idee eines Einwanderungsgesetzes öffnet." Ein modernes Einwanderungskonzept müsse "sowohl Schutzsuchende als auch Arbeitsmigranten und Hochqualifizierte mit einschließen".
Bereits 2001 legte eine Kommission unter Leitung von Rita Süssmuth Vorschläge vor
Bereits im Jahr 2000 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung die „Unabhängige Kommission Zuwanderung“ unter Leitung der CDU-Politikerin Rita Süssmuth eingesetzt. Das 21-köpfige Expertengremium legte im Juli 2001 einen Bericht mit einem Gesamtkonzept für Zuwanderung und die Integration der bereits in der Bundesrepublik lebenden Ausländer vor. Empfohlen wurde unter anderem die Aufnahme von 50 000 ausländischen Arbeitskräften pro Jahr. Bereits wenige Wochen später präsentierte das Innenministerium unter Minister Otto Schily (SPD) den Referentenentwurf des „Zuwanderungsgesetzes“, der jedoch nur einen Teil der Vorschläge der Süssmuth-Kommission aufgriff und erheblich restriktiver gefasst war. rtr/dpa/Tsp