Anti-Islam-Kundgebungen in 14 Ländern: Pegida vernetzt sich mit Rechtsradikalen in Europa
Von Front National bis Vlaams Belang: Die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung plant für den 6. Februar Aufmärsche - angeblich in 14 europäischen Ländern.
Lutz Bachmann hatte sich fein gemacht für die Konferenz in Roztoky bei Prag. Im Sakko erschien der Pegida-Gründer, der sonst gern Parka trägt, am Wochenende gemeinsam mit Tatjana Festerling, der Frontfrau der fremdenfeindlichen Bewegung. Vor sich auf dem Tisch präsentierten beide stolz die neue Ausgabe des "Time"-Magazins, das Pegida die Titelstory widmet.
Ziel des Arbeitstreffens, an dem auch Vertreter von Anti-Islam-Bewegungen aus Österreich, den Niederlanden, Italien, Tschechien, der Slowakei, Polen, Bulgarien und Estland teilnahmen: die Koordination von Protesten "gegen die Islamisierung Europas" am 6. Februar. Sie sollten, wie Festerling ankündigte, an diesem Tag in insgesamt 14 Ländern stattfinden. "Der Kampf gegen die Islamisierung Europas ist unser gemeinsames Ziel", sagte die Pegida-Frontfrau.
In einem Memorandum, auf das alle Konferenzteilnehmer unterzeichneten, hieß es: "Wir werden Europa nicht unseren Feinden überlassen." Man sei bereit, sich gegen den politischen Islam, Islamisten und ihre europäischen Kollaborateure zu wehren, und werde dafür womöglich auch das eigene Leben aufs Spiel setzen, so wie es Generationen zuvor getan hätten. Die globalen Eliten hätten nur "Arbeitslosigkeit, Korruption, Chaos und moralischen Zusammenbruch" gebracht. Den "Völkern Europas" blieben angesichts dieser Politik "nur zwei Möglichkeiten: Unterwerfung oder Aufstand", ergänzte Festerling auf ihrer Website.
Das Treffen in Roztoky war von dem xenophoben und anti-europäischen tschechischen "Block gegen den Islam" organisiert worden. Der Leiter des Blocks gegen den Islam, Martin Konvicka, bezeichnete die europäische Flüchtlingspolitik als "dumm und selbstmörderisch". An der Organisation beteiligt war auch die rechtspopulistische tschechische Partei Usvit - "Morgendämmerung der direkten Demokratie".
Die Usvit-Partei gehört zum äußersten rechten Spektrum in Tschechien, seit drei Jahren sitzt sie im Parlament. Der Deutschlandfunk zitierte Usvit-Vizechef Jan Zilvar mit den Worten: "Es droht der Verlust unserer Werte und die Einführung des Korans. Ich will nicht erleben, dass irgendwelche Muslime die Prager Burg in die Luft jagen."
Dass Bachmann und Festerling bei ihrer europäischen Kooperation vor allem auf Tschechien setzen, ist kein Zufall. Präsident Milos Zeman schwingt immer wieder islamfeindliche Reden. Sein Vorgänger Vaclav Klaus ließ sich erst vor wenigen Tagen von der AfD zu einem Vortrag in Stuttgart verpflichten. Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt Bürgerkriegsflüchtlinge ab - laut einer vergangene Woche veröffentlichten Umfrage wollen nur zwei Prozent der Tschechen akzeptieren, dass sie dauerhaft im Land bleiben.
Kontakte zur FPÖ und zum Front National
"Der Versuch, Dresden und Sachsen zum Ausgangspunkt einer gesamteuropäischen Bewegung zu machen, muss vorerst als gescheitert angesehen werden", haben Hans Vorländer und andere Dresdner Politikwissenschaftler in ihrem im Januar erschienenen Buch über Pegida analysiert. Doch im Moment sieht es sehr danach aus, dass Pegida die europäische Vernetzung mit allen Kräften vorantreiben will.
Anfang des Jahres beteiligte sich Bachmann in der belgischen Hafenstadt Antwerpen an einer Anti-Islam-Kundgebung, reiste dafür auf Einladung des rechtsextremen und separatistischen Vlaams Belang nach Flandern. Wenige Tage später war er Gast des Neujahrsempfang der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), der rechtsradikale Parteichef Heinz-Christian "HC" Strache lobte Pegida anschließend als "äußerst erfolgreiche überparteiliche Bürgerprotestbewegung".
Strache empfahl seinen Gästen in Wels auch die Zusammenarbeit von Pegida und AfD - der Vorschlag wurde von Bachmann und Festerling umgehend positiv aufgenommen. AfD-Chefin Frauke Petry indes blieb reserviert.
In der Schweiz derweil versucht der dortige Pegida-Ableger, den Gründer der französischen Front National, Jean-Marie Le Pen, für einen Auftritt am 3. Februar in Basel zu gewinnen - er wäre dann Redner unter anderem neben dem ehemaligen NPD-Vize Karl Richter.
Der 87-jährige Rechtsextremist Le Pen zeigte sich auf Anfrage der "Sonntags-Zeitung" erfreut über die Einladung aus der Schweiz. "Ich habe sie dankend erhalten. Sofern es mein gesundheitlicher Zustand erlaubt, kann ich mir einen Auftritt gut vorstellen." Er werde "spontan entscheiden". Berichte, nach denen auch AfD-Chefin Petry in Basel auftritt, werden von der Partei dementiert. Die Polizei Basel hat inzwischen die Kundgebung am 3. Februar verboten. Pegida will diese Ansage aber nicht akzeptieren.
Zum Ablauf des europaweiten Pegida-Protesttags am 6. Februar hatte der Journalist Günther Lachmann Mitte Januar Details veröffentlicht - zeitgleich im Portal "Geopolitico", einer Art Pegida-Leitmedium, und der "Welt am Sonntag". Er zitierte Pegida-Anführerin Festerling: "Wir werden uns in Live-Schaltungen zu den einzelnen Schauplätzen gegenseitig grüßen." Lachmann schrieb, Pegida sei "längst mehr als nur ein deutsches Phänomen". Die Bewegung sei "zum Exportartikel eines national-konservativen Aufbegehrens geworden, die in den Milieus derer, die sich von den etablierten Parteien nicht mehr vertreten fühlen, auf wachsende Nachfrage stößt".
Pegida geht seit Herbst 2014 in Deutschland unter anderem in Dresden auf die Straße und macht Stimmung gegen Muslime, Flüchtlinge, Politiker und Medien. Regelmäßig erschallen bei den Kundgebungen "Lügenpresse"-Rufe, es gab wiederholt Übergriffe auf Journalisten.