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Friede, Freude, Eierkuchen? Gabriel und Steinbrück demonstrieren Einigkeit.
© dpa

Nach SPD-Führungsstreit: Peer Steinbrück hat die eigene Partei verstört

Nach einem Gewitter scheint wieder die Sonne. So ähnlich fasst Andrea Nahles den Führungsstreit in der SPD zusammen. Doch der offen ausgetragene Zwist zwischen Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel sorgt für Misstrauen - und das sitzt tief.

Am ersten Werktag nach dem Führungsstreit zwischen dem Kanzlerkandidaten und dem Bundesvorsitzenden ihrer Partei suchte die SPD-Generalsekretärin ihr Heil in einer Wettermetapher. „Es hat gerumst“, gestand Andrea Nahles am Montag ein und versicherte, der auf offener Bühne ausgetragene Zwist zwischen Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel werde die Partei nicht weiter beschäftigen und ihr im Wahlkampf auch nicht schaden. „Es ist manchmal schwül, und dann gibt es ein Gewitter“, sagte Nahles: „Damit ist die Sache erledigt.“

Dass ein reinigendes Gewitter die atmosphärischen Störungen im sozialdemokratischen Berliner Kräftedreieck zwischen Steinbrück, Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ein für alle Mal beseitigt hat, ist allerdings eine Einschätzung, die wichtige Akteure in der SPD nicht teilen. Mit seiner Mahnung, „dass sich alle – auch der Parteivorsitzende – in den nächsten hundert Tagen konstruktiv und loyal hinter den Spitzenkandidaten und die Kampagne stellen“, hat Steinbrück Gabriel an den Pranger gestellt und die eigene Partei verstört. Zudem heizte er Spekulationen in der SPD darüber an, wer auf Gefolgschaft rechnen könnte, wenn es zum offenen Machtkampf käme.

Nur der gelungene Auftritt von Steinbrücks Ehefrau Gertrud auf dem Parteikonvent am Sonntag und die emotionale Reaktion des Kandidaten verhinderten, dass allein die Parteikabalen die Berichterstattung über die SPD dominierten. In der Parteivorstandssitzung vor dem Konvent am Sonntag appellierten die Mainzer Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Hessens Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel, der Kieler Parteichef Ralf Stegner und Fraktionsvize Hubertus Heil an Gabriel und Steinbrück, sie müssten keine Freunde werden, aber ordentlich zusammenarbeiten. Obwohl Gabriel den Vorwurf der Illoyalität als falsch und für ihn als Chef der 150 Jahre alten Partei auch unzumutbar empfand, bescheinigte er dem Kandidaten dann öffentlich, dieser habe das Recht, auch einmal den Parteichef „in den Senkel zu stellen“.

Zugleich gibt es Hinweise darauf, dass Gabriel in Teilen seiner Partei eine Intrige gegen sich wittert und vor allem Fraktionschef Steinmeier als aktiven Gegenspieler ausgemacht hat – eine Sicht, die auch manche Mitglieder des Parteivorstands teilen. Von ständig neuen Ideen, Eigenmächtigkeiten und unabgestimmten Vorstößen des Parteichefs, der wichtige Besprechungstermine zum Wahlkampf zuletzt häufig schwänzte, ist Steinmeier nicht weniger genervt als Steinbrück. Den öffentlichen Vorwurf des Kandidaten an Gabriel, mit dem er sich auch selbst dem Vorwurf der Illoyalität aussetzt, halten manche in der Partei nun für die erste Tat von Steinbrücks neuem Sprecher Rolf Kleine – allerdings für keine gute Tat.

Tatsächlich geht in der Partei die Befürchtung um, dass die Nachrichten vom Machtkampf an der Spitze die eigene Basis im Wahlkampf massiv entmutigen könnte. Auf deren Engagement sind die Sozialdemokraten nun besonders angewiesen, da sie einen „Wahlkampf von unten“ mit mehr als fünf Millionen Hausbesuchen planen. Er soll vor allem Ex-Wähler dazu bewegen, wieder bei der SPD ihr Kreuz zu machen. Ins Laufen kommt eine solche Kampagne aber nur, wenn auch viele Ehrenamtliche mit vollem Einsatz für das Politikangebot der SPD werben.

In der Aufregung um die Personalquerelen und den Auftritt von Steinbrücks Ehefrau Gertrud war am Wochenende die sorgfältig vorbereitete Botschaft des Parteikonvents untergegangen, die in dem Versprechen einer Gebührenfreiheit für Kita-Plätze bestand. Deshalb will die SPD an diesem Punkt nacharbeiten, wie Nahles ankündigte: Anfang Juli werde sich der Kandidat mit den SPD-Ministerpräsidenten treffen, um das Versprechen der Gebührenfreiheit weiter zu konkretisieren.

Meinungsseite

Hans Monath

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