„Vertagte Zukunft“: Peer Steinbrück belehrt die SPD
Peer Steinbrück belehrt mit seinem neuen Buch "Vertagte Zukunft" die SPD. Sein Rat; Rückt in die Mitte. Mit dem Ausbau des Wohlfahrtsstaates sei die Partei nicht auf der Höhe der Zeit.
Nach der mit ihm an der Spitze verlorenen Bundestagswahl 2013 hat Peer Steinbrück auf Kommentare zum Zustand seiner Partei, der SPD, eher verzichtet. Jetzt, zwei Jahre danach, meldet er sich zurück. „Vertagte Zukunft“ nennt er sein neuestes Buch, und nach einigen Seiten der gedämpften Selbstkritik über seine Kanzlerkandidatur widmet sich Steinbrück ausführlich der Frage, wie die SPD aus dem „20-Prozent-Turm“ herauskommen könnte. Dass eine wie auch immer geartete Nähe der SPD zur Linkspartei seiner Ansicht nach „ein böses Erwachen“ zeitigen und „den Status der SPD als Volkspartei infrage stellen würde“, ist für Steinbrück-Beobachter keine Überraschung.
Sein Rat lautet: Rückt in die Mitte. Schluss mit der Fokussierung auf den Ausbau des „Wohlfahrtsstaates auf hohem Niveau“. Denn das gehöre zwar seit Generationen zum Gencode der Sozialdemokratie, sei aber nicht mehr „auf der Höhe der Zeit“ und wecke daher bei den Wählern keine Begeisterung. Glaubt man Steinbrück, dann muss sich die SPD vom Ziel größtmöglicher Verteilungsgerechtigkeit verabschieden und stattdessen die Frage von Chancen in den Mittelpunkt stellen. „Vorsorgend und aktivierend“ nennt er den Sozialstaat, den die SPD seiner Empfehlung nach in den Mittelpunkt ihrer Programmatik stellen sollte.
Und es klingt zwischen den Zeilen eine große Betrübnis darüber hervor, dass die FDP im parteipolitischen Abseits steht. Jetzt, wo die Protagonisten des kalten Neoliberalismus ihren Abschied genommen haben. Keine Frage, Steinbrücks SPD ist eine sozialliberale, für die Begriffe wie Vermögenssteuer oder schärfere Erbschaftssteuer Begriffe aus einer altlinken Mottenkiste sind. Vergessen die Zeiten, als der Mann vor noch nicht allzu langer Zeit durch die Republik tourte und den Wählern das Gegenteil erklärte. Jetzt findet Steinbrück, die Menschen sollten selbst entscheiden, ob sie bis 60, bis 70 oder länger arbeiten wollen oder zur Sicherung ihres Lebensunterhalts müssen, empfiehlt seinen Genossen größere Nähe zum Unternehmertum, mehr Verständnis für Selbstständigkeit und ein klareres Bekenntnis zur Schuldenbremse des Staates. Seine Kanzlerkandidatur, schreibt Peer Steinbrück, habe übrigens auf einer ganzen „Liste der Selbsttäuschungen“ gegründet. Und auf einer „gewissen Koketterie“.