Bremer CDU will die große Wende: Parteiloser als Spitzenkandidat?
Wie ein parteiloser Kandidat die Bremer CDU retten soll. Seit mehr als 70 Jahren regiert dort die SPD.
Bremen ist zwar nur ein Zwergstaat, hat aber auch Erfahrung mit Riesen: Auf dem Marktplatz steht eine riesige Roland-Statue, und im Rathaus nebenan regierte bis 2005 der fast zwei Meter große Henning Scherf. Jetzt soll jemand, der den SPD-Mann noch um ein paar Zentimeter überragt, dessen Nach-Nach-Nachfolge antreten. Er heißt Carsten Meyer-Heder, ist bisher noch parteilos, soll aber CDU-Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl 2019 werden und die SPD nach mehr als 70 Jahren aus dem Rathaus vertreiben. So will es jedenfalls der CDU-Landesvorstand. Er nominierte Meyer-Heder am Montagabend einstimmig.
Wenn am 26. Mai auch noch ein Landesparteitag zustimmt, dann wartet eine Riesenaufgabe auf den 56-jährigen IT-Unternehmer. Bisher durfte die CDU nur gelegentlich als Juniorpartner der SPD mitregieren. 2019 hat sie nun erstmals gewisse Chancen, selbst die Führung zu übernehmen. Denn die rot-grüne Koalition unter Bürgermeister Carsten Sieling wirkt wie ein altes Ehepaar, ohne Strahlkraft, ohne Visionen.
Attraktiv für ältere Grüne?
Die große Wende soll der unverbrauchte Politikneuling bringen. Meyer-Heder, der dreifache Vater, leitet die Softwarefirma Team Neusta mit mehr als tausend Beschäftigten. Von Politik versteht der gebürtige Bremer vermutlich so viel wie ein Internetsurfer vom Programmieren. Aber das muss für Wähler kein Hinderungsgrund sein. Denn: „Berufspolitiker rangieren in Beliebtheitsrankings kurz hinter Gebrauchtwagenhändlern“, wie der Bremer Grünen-Politiker Matthias Güldner gerade im „Weser-Kurier“ schrieb.
Glatzkopf Meyer-Heder dürfte nicht nur für Wirtschaftskreise wählbar sein, sondern vielleicht auch für alt gewordene Grüne. Mit denen teilt er nämlich einige Jugenderfahrungen: Er protestierte gegen die Ansiedlung des Bremer Mercedes-Werks, verweigerte den Kriegsdienst, lebte in einer Wohngemeinschaft, spielte in einer Band.
Bei der Bürgerschaftswahl 2015 hatte bereits die Konkurrenz vorexerziert, wie man mit Personal aus der Wirtschaft Punkte macht. Die FDP steigerte sich mit der damals erst 29-jährigen Unternehmerin Lencke Steiner als Spitzenfrau von 2,4 auf 6,6 Prozent.
Aber nicht jeder Quereinsteiger eignet sich als Aushängeschild. 2005 musste ein ehemaliger Banker, den die Bremer CDU zum Wirtschaftssenator gemacht hatte, zurücktreten. Er hatte auf einem Weinfest einem Obdachlosen Sekt über den Kopf gegossen, mit den Worten: „Hier hast du auch was zu trinken.“
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