Schloss Meseberg: Parteienvertreter dringen vor Treffen Merkel-Putin auf klare Linie
Vor dem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel mit dem russischen Präsidenten Putin fordern Politiker unterschiedlicher Parteien, aber auch Wirtschaftsvertreter die Kanzlerin zu einer klaren Haltung.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgerufen, von Russlands Präsident Wladimir Putin die Freilassung des ukrainischen Filmemachers Oleg Senzow einzufordern. Der Fall zeige, "wie schlimm es um den Schutz der Menschenrechte unter Putin bestellt ist", sagte Göring-Eckardt der Nachrichtenagentur AFP. "Die Bundesregierung darf bei aller Notwendigkeit des Dialogs mit Putin unsere eigenen Werte nicht unter den Tisch fallen lassen."
Merkel empfängt Putin am Samstag auf Schloss Meseberg in Brandenburg. Im Mittelpunkt des Gesprächs sollen aktuelle außenpolitische Fragen wie die Konflikte in Syrien und der Ost-Ukraine stehen. Auch über Energiethemen wie die umstrittene Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 wollen Merkel und Putin sprechen.
"Mit einem autoritären russischen Präsidenten und seinem korrupten Regime kann es keinen kritiklosen Normalmodus geben", sagte Göring-Eckardt weiter. "Merkel muss klarmachen, dass es inakzeptabel ist, Senzow weiter als politische Geisel zu halten. Sollte Senzow nicht bald freigelassen werden, wird das zu einer drastischen Vertiefung der Gräben zwischen Russland und Europa führen."
Senzow verbüßt eine Haftstrafe von 20 Jahren in einem russischen Gefängnis, verurteilt wurde er wegen Terrorvorwürfen. Seit Mitte Mai befindet er sich im Hungerstreik. Er will erst aufhören, wenn Russland alle ukrainischen politischen Gefangenen freilässt.
Es sei "grausam und unmenschlich", dass Senzow nach seiner "legitimen Kritik an der völkerrechtswidrigen russischen Besetzung der Krim" nun "in einem konstruierten Prozess" zu 20 Jahren Straflager in Sibirien verurteilt wurde, sagte Göring-Eckardt. Der Filmemacher ringe aufgrund des Hungerstreiks inzwischen mit dem Leben.
Merkel müsse Putin bei dem Treffen am Samstagabend zudem deutlich machen, "dass europäische Sanktionen erst gelockert werden können, wenn Putin die militärische Aggression gegen die Ukraine beendet und das Minsker Abkommen umgesetzt ist", sagte die Grünen-Politikerin. "Dass die Bundesregierung zusammen mit Russland weiter am Pipeline Projekt Nord Stream 2 festhält, ist eine Belastung für den europäischen Zusammenhalt und ein Schaden für die Glaubwürdigkeit Deutschlands gegenüber unseren osteuropäischen Nachbarn."
Fortschritte in Ostukraine Voraussetzung für mehr Vertrauen
Weitere Politiker drängten auf eine klare Linie. Erst wenn der Waffenstillstand in der Ostukraine endlich eingehalten werde, könne man auch über einen Ausstieg aus den Sanktionen nachdenken, sagte der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid am Samstag dem Deutschlandfunk.
Merkel müsse "deutlich machen, dass die Rückkehr zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Russland so lange nicht möglich ist, wie sich die Lage in der Ostukraine nicht verbessert", sagte auch FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Er verwies zudem auf "verdeckte Operationen" Russlands in Europa, "um die EU zu spalten und zu schwächen". Lambsdorff äußerte die Erwartung, dass Merkel "das Gespräch mit geradem Rücken und klarem Blick auf die Realität" führt.
Maas optimistisch
Bundesaußenminister Heiko Maas zeigte sich vor dem Treffen vorsichtig optimistisch, in der Ukraine-Politik Fortschritte erreichen zu können. "Ich bin verhalten optimistisch, dass es Chancen für eine Peacekeeping-Mission der Uno gibt", sagte Maas der "Welt am Sonntag" nach einem Vorabbericht. Zugleich bekräftigte er, über ein Ende der Sanktionen gegen Russland könne erst verhandelt werden, wenn es gelinge, das Minsker Abkommen umzusetzen. Innerhalb der EU und vermehrt auch aus der SPD gibt es Forderungen nach einem Ende der Sanktionen gegen Russland. Der SPD-Politiker Maas bekräftigte indes, eine Akzeptanz der russischen Besatzung berge die Gefahr, andere zu völkerrechtswidrigem Handeln einzuladen. Daher seien die Sanktionen richtig.
Für eine stärkere Öffnung gegenüber Russland warb unterdessen der SPD-Politiker und Chef des deutsch-russischen Forums, Matthias Platzeck. Er sagte der "Saarbrücker Zeitung", er erwarte von dem Treffen am Abend auf Schloss Meseberg in Brandenburg deutliche Entspannungssignale. So könne Merkel Putin "eine Lockerung bei den mit der Ostukraine begründeten Sanktionen signalisieren". Auch solle die Bundesregierung "die deutsch-russischen Regierungskonsultationen wieder aufleben lassen". (AFP, Reuters)