Streit über Datenschutz: Parteien-Konsens bei Organspendereform zerbrochen
Aus einer fraktionsübergreifenden Einigung bei der Organspendereform wird nichts, weil die Regierung Patientendaten ohne deren Einwilligung weitergeben will. Grüne und Linkspartei fürchten eine Kommerzialisierung der Daten.
Mit dem fraktionsübergreifenden Konsens bei der Organspendereform wird es nun doch nichts. Nach Tagesspiegel-Informationen werden Grüne und Linkspartei den vorgesehenen Änderungen beim Transplantationsschutzgesetz am Freitag im Bundestag nicht zustimmen. Beide Fraktionen stören sich an einem Passus im Gesetzentwurf, wonach personenbezogene Organspenderdaten auch ohne Einwilligung der Betroffenen für Forschungszwecke an die Pharmaindustrie weitergegeben werden dürfen.
Paragraf 14 des Gesetzentwurfs erlaubt eine ungenehmigte Datenweitergabe, wenn „das öffentliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens die schützenswerten Interessen der betroffenen Person überwiegt und der Forschungszweck nicht auf andere Weise zu erreichen ist“. Auf diese Weise gelangten womöglich „hochsensible Informationen“ über Organspender und -empfänger, etwa über deren Lebensweise oder ihre Vorerkrankungen, in die Hände der Industrie, kritisierte die Grünen-Politikerin Elisabeth Scharfenberg. Viele spendeten aus altruistischen Gründen und seien nicht bereit, ihre Daten auch für Forschungszwecke zur Verfügung zu stellen, sagte Linken-Expertin Kathrin Vogler.
Das Gesundheitsministerium wies die Bedenken zurück. Es gehe nicht um die Kommerzialisierung von Daten, sagte eine Sprecherin. Allerdings gebe es ein starkes Interesse, die teilweise schweren Nebenwirkungen der lebenslang zu nehmenden Medikamente nach einer Transplantation durch mehr Forschung zu verringern. Personenbezogene Daten würden nur weitergegeben, wenn „weder die Anonymisierung noch die Einholung einer Einwilligung möglich“ sei, heißt es in einer Stellungnahme der Bundesregierung, die dem Tagesspiegel vorliegt. Die Datennutzung zu rein kommerziellen Zwecken werde „ausgeschlossen“. Dies gelte aber nicht für Forschungsvorhaben, mit denen gleichzeitig „auch kommerzielle Interessen verfolgt werden“.
Es sei unverantwortlich, das Vertrauen der Bürger in die Spende so „noch weiter aufs Spiel zu setzen“, sagte der Grünen-Abgeordnete Harald Terpe. Er erinnerte daran, dass dieses Vertrauen durch die Vorgänge bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) „bereits erschüttert“ sei. Nach dem Vorwurf der Vettern- und Misswirtschaft hatte der kaufmännische Vorstand der Stiftung bereits den Hut nehmen müssen. Grundlegende Reformen oder eine Neuorganisation des Organspendesystems soll es aber nicht geben – auch wenn Union, SPD und FDP die Kontrollrechte von Kassen, Kliniken und Ärztekammern auf die Schnelle noch mit einem Änderungsantrag stärken wollen.
Es sei ärgerlich, dass man die Gelegenheit nicht zu einer echten Strukturreform nutze, sagte Scharfenberg. Und auch Kathrin Vogler hält „gründliches Nachdenken über geeignete Strukturen für die Organisation der Organtransplantation für absolut notwendig“. Durch das Eiltempo, mit dem sie das Gesetz durchzögen, erwiesen Union, SPD und FDP der Organspende „einen Bärendienst“.
So weit wie die Linke, die den Gesetzentwurf am Freitag komplett ablehnen will, möchten die Grünen jedoch nicht gehen. Sie legten sich im Gesundheitsausschuss lediglich auf Stimmenthaltung fest. Und diese betrifft dann auch nur das Transplantationsgesetz. Es verpflichtet alle größeren Kliniken , Transplantationsbeauftragte zu beschäftigen und die Abläufe bei Organspenden zu optimieren. Zudem sollen Menschen, die Angehörigen oder Freunden zu Lebzeiten ein Organ spenden, sozialrechtlich bessergestellt werden.
Über das Vorhaben, künftig jeden Bürger ab 16 Jahren in regelmäßigen Abständen mit der Frage nach seiner Organspendebereitschaft zu konfrontieren, wird am Freitag gesondert abgestimmt – und zwar nicht nach Fraktionszugehörigkeit, sondern in freier Gewissensentscheidung. Doch auch hier ist der Konsens brüchig. Den Grünen behagt nicht, dass Krankenkassenmitarbeiter befugt werden sollen, die abgefragte Bereitschaft ihrer Versicherten eigenständig auf deren Gesundheitskarte einzutragen. Und bei den Linken hat eine Mehrheit bereits angekündigt, dem fraktionsübergreifend erarbeiteten Gruppenantrag aus Datenschutzgründen gar nicht zustimmen zu wollen.
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