zum Hauptinhalt
Flüchtlinge aus Nordafrika warten vor der libyschen Küste darauf, von einer spanischen Nichtregierungsorganisation gerettet zu werden.
© Santi Palacios/dpa

Flüchtlinge: Paris und Rom rüsten zum Kampf gegen Schlepper

Frankreichs Staatschef Macron will Registrierungsstellen für Flüchtlinge in Libyen einrichten. Italien erwägt den Einsatz der Marine.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will dem Anstieg der Flüchtlingszahlen auf der zentralen Mittelmeerroute zwischen Libyen und Italien ein Ende setzen. Bei einem Besuch einer Flüchtlingsunterkunft in der Stadt Orléans kündigte Macron am Donnerstag an, dass Frankreich sogenannte Hotspots für Flüchtlinge in Libyen einrichten wolle. In diesem Registrierungsstellen, wie es sie bereits in Griechenland und Italien gibt, soll der Asylanspruch von Migranten geprüft werden.

In Italien sind in diesem Jahr bereits rund 94 000 Flüchtlinge angekommen – mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die meisten der Flüchtlinge, welche die gefährliche Überfahrt in Libyen beginnen, kommen aus Nigeria, Bangladesch, Guinea und Elfenbeinküste. Viele dieser Migranten haben keine Aussicht auf Asyl. Nach Schätzungen von Hilfsorganisationen und den Vereinten Nationen warten bis zu einer Million Menschen in Libyen auf eine Überfahrt nach Europa. Das nordafrikanische Land gilt seit der weitgehenden Schließung der Balkanroute und dem Türkei-Deal der EU als wichtigstes Transitland für Migranten vor allem aus der Sub-Sahara.

Macron: Flüchtlinge sollen direkt aus Libyen geholt werden

Wie das französische Präsidialamt erklärte, soll es in den geplanten Hotspots in Libyen um die Vorbehandlung von Asylanträgen gehen. Macron sagte bei seinem Besuch in Orléans, mit Hilfe der geplanten Registrierzentren solle vermieden werden, dass Migranten künftig „wahnwitzige Risiken“ einer Überfahrt über das Mittelmeer auf sich nähmen, obwohl sie nicht in jedem Fall asylberechtigt seien. Wie der Staatschef weiter erklärte, gehe es für Paris vielmehr darum, Flüchtlinge direkt aus Libyen nach Frankreich zu holen. Dies würde auch das Geschäft der Menschenschmuggler zerstören, welche die gefährliche Überfahrt der Migranten organisieren.

Paris ist in den vergangenen Wochen angesichts der wirkungslosen Appelle des italienischen Regierungschefs Paolo Gentiloni in der Flüchtlingskrise politisch unter Druck geraten. Gentiloni hatte verlangt, dass neben Italien auch andere Mittelmeer-Anrainer wie Frankreich und Spanien Flüchtlinge aufnehmen sollten. Allerdings war er mit dieser Forderung in Paris und Madrid abgeblitzt. Offenbar will Macron mit seiner Initiative zur Entlastung Italiens beitragen. Nach seinen Worten soll versucht werden, die EU beim Aufbau der Registrierzenten einzubinden, „aber Frankreich wird es machen“.

Unklar ist allerdings, ob wann die französischen Hotspots in Libyen eingerichtet werden können. Macron erklärte zwar, dass die Registrierungsstellen möglichst schon ab diesem Sommer etabliert werden sollen. Später hieß es allerdings aus dem Elysée-Palast, dass die Sicherheitsvoraussetzungen in Libyen dafür noch nicht gegeben seien. Seit dem Sturz des Diktators Muammar al Gaddafi im Jahr 2011 wird Libyen von Kämpfen zwischen rivalisierenden Gruppen zerrissen.

Frankreich will in Libyen keine Führungsrolle übernehmen

Am vergangenen Dienstag hatten die beiden libyschen Gegenspieler, der von den Vereinten Nationen anerkannte Regierungschef Fajes al Sarradsch und der im Osten des Landes herrschende General Chalifa Haftar, im Beisein von Macron nach einem Treffen bei Paris ihre Bereitschaft zu einer Waffenruhe erklärt. Frankreichs Europaministerin Nathalie Loiseau sagte indes, dass Frankreich keine Führungsrolle bei der Suche nach einer Friedenslösung für Libyen anstrebe. Der Hintergrund: Auch die Regierung in Rom möchte das Verhältnis der EU zu Libyen entscheidend mitgestalten. Nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur und der Zeitung „Corriere della Sera“ könnte die italienische Marine demnächst die libysche Küstenwache mit sechs Schiffen im Kampf gegen Menschenschmuggler unterstützen. Das Kabinett könnte bereits an diesem Freitag eine entsprechend Mission auf Anfrage von Ministerpräsident al Sarradsch beschließen.

In Rom forderte unterdessen SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz nach einem Treffen mit Gentiloni, dass die Flüchtlinge in Europa gerecht verteilt werden müssten. Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen müsse es eine „praktizierte Solidarität“ unter den EU-Staaten geben, verlangte Schulz.

Zur Startseite