Grünen-Chef: Özdemir signalisiert Bereitschaft zu Schwarz-Grün
Cem Özdemir hält das Rennen um Platz 1 für entschieden und geht im Tagesspiegel auf Distanz zu Jamaika. CDU-Vize Laschet ist gegen Schwarz-Grün.
Zwei Wochen vor der Bundestagswahl hat Grünen-Chef Cem Özdemir grundsätzliche Bereitschaft für eine Koalition mit der Union signalisiert. "Ich will starke Grüne in die nächste Bundesregierung führen", sagte er dem Tagesspiegel. "Wir sind bereit mitzuregieren, wenn es entschieden in unsere Richtung geht." Als nicht verhandelbare Bedingungen für eine Regierungsbeteiligung seiner Partei nannte Özdemir unter anderem einen klaren Kurswechsel beim Klimaschutz, eine Agrarwende sowie einen konkreten "Fahrplan in Richtung Null-Emissionsauto".
Mit der SPD als möglichen Koalitionspartner rechnet Özdemir offenbar nicht mehr. "Das Rennen um Platz eins scheint gelaufen, da liegt Angela Merkel vorne." Nun stünden die Deutschen vor einer Richtungsentscheidung zwischen den Grünen und der FDP: "Wir stellen die Wähler vor die Alternative, ob die FDP in der nächsten Bundesregierung rückwärtsgewandte Klientelpolitik macht oder die Grünen das Land modernisieren." Özdemir verwies in diesem Zusammenhang auf eine aktuelle Forsa-Umfrage, wonach sich die Hälfte der Deutschen eine Regierungsbeteiligung der Grünen wünschen. "Das nehme ich ernst."
Mit der FDP will der Grünen-Chef nicht koalieren
Zugleich ging Özdemir auf Distanz zu einer möglichen Jamaika-Koalition von Union, Grünen und FDP: "Ich sehe nicht, wie wir mit dieser FDP zusammenkommen sollen", sagte er unter Verweis auf die Differenzen beider Parteien etwa in der Klimapolitik. FDP-Chef Christian Lindner warf er vor, in der Dieselkrise die Schadstoffgrenzwerte in den Städten aufweichen zu wollen. "Für eine solche Politik geben wir uns nicht her." Beim Klima und beim Schutz der Gesundheit "mache ich keine Kompromisse".
Auf die Frage, ob es vor der Landtagswahl in Niedersachsen überhaupt zu ernsthaften Gesprächen mit der Union im Bund kommen werde, sagte Özdemir: "Wir sind bereit, so schnell wie möglich zu verhandeln." Eine Landtagswahl dürfe nicht darüber entscheiden, wann Koalitionsverhandlungen im Bund anfingen: "Ich kann vor Taktiererei nur warnen." Deutschland als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt brauche eine Regierung.
CDU-Vize Laschet für Schwarz-Gelb
Aus Sicht des stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden und Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, kann es dagegen nach aktuellem Stand keine Koalition der Union mit den Grünen geben. "Die Grünen müssen sich von ihrer irrationalen Politikvorstellung und ihrem Ausstiegsrausch verabschieden, sonst kann es keine Zusammenarbeit geben", sagte Laschet dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Die Grünen polemisierten im Wahlkampf "gegen den Industriestandort Deutschland, gegen moderne Dieseltechnologie, gegen den Verbrennungsmotor als Ganzes", sagte der 56-Jährige. Diese "Irrationalität, die Cem Özdemir auch noch zur Koalitionsbedingung gemacht hat", sei nicht akzeptabel, sagte Laschet.
Der CDU-Politiker betonte, eine schwarz-gelbe Koalition zwischen Union und FDP sei seine Wunschvorstellung. "Eine Regierung aus Union und FDP bietet die größte politische Übereinstimmung zwischen Partnern." Die FDP habe sich verändert, lege viel Wert auf Gerechtigkeitsfragen und Bildungsthemen. "Für die notwendige soziale Ausgewogenheit würde die Union sorgen", sagte Laschet.
Das gesamte Interview mit Grünen-Chef Cem Özdemir können Sie im Tagesspiegel am Sonntag oder bereits heute Abend im ePaper lesen.