Grüne im Bundestag: Özdemir bewirbt sich nicht um Fraktionsvorsitz
"Ich habe keine erkennbare Mehrheit", sagte Cem Özdemir der "FAS". Katrin Göring-Eckardt kündigt im Tagesspiegel eine "herausragende Rolle" für den scheidenden Vorsitzenden an.
Der scheidende Grünen-Chef Cem Özdemir wird sich nicht um den Vorsitz der Bundestagsfraktion bewerben. Der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) sagte Özdemir zur Begründung: "Ich habe erkennbar keine Mehrheit. Das muss ich akzeptieren." Ein Meinungsbild in der Fraktion habe Parteikreisen zufolge ergeben, dass Özdemir allenfalls auf 40 Prozent der Stimmen gekommen wäre, heißt es in dem Vorabbericht vom Samstag. Die Mehrheit gehe an Fraktionschef Anton Hofreiter, der zur Parteilinken gehört.
Özdemir machte in dem Interview kein Hehl daraus, dass er andere Pläne hatte: "Ich verheimliche keineswegs, dass ich gerne Fraktionsvorsitzender geworden wäre." Der Blick der Bundestagsfraktion richte sich derzeit aber eher nach innen als nach außen. "Da zählt nicht primär politische Leistung oder ein erfolgreicher Bundestagswahlkampf", sagte er.
Die Grüne-Bundestagsfraktion wählt am kommenden Freitag ihre beiden Vorsitzenden. Die beiden bisherigen Fraktionschefs, Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter, wollen erneut antreten. Die Wiederwahl der Realopolitikerin und des linken Flügelmanns gilt als sicher.
Aus Teilen des Realo-Flügels hatte es in den vergangenen Wochen die Forderung gegeben, Özdemir zum Fraktionschef zu machen. Dafür hatte sich unter anderem Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann stark gemacht. Özdemir, der die Grünen als Spitzenkandidat in die letzte Bundestagswahl geführt habe, müsse als bekanntester Grünen-Bundespolitiker auch weiter eine wichtige Rolle spielen, argumentierten seine Unterstützer. Özdemir hatte schon vor Monaten angekündigt, dass er sein Amt als Parteichef nach neun Jahren abgeben wolle.
Özdemir soll als "gewichtige Stimme" agieren
Göring-Eckardt kündigte im Interview mit dem „Tagesspiegel am Sonntag“ an, Özdemir werde „eine herausragende Rolle“ bekommen, in der er für die Grünen „als gewichtige Stimme“ agieren könne. „Es wäre dumm, wenn wir sein Talent nicht nutzen. Er ist in der Lage, weit über die grüne Klientel hinaus Menschen anzusprechen“, sagte Göring-Eckardt.
Nach Informationen des Tagesspiegels gibt es verschiedene Überlegungen: So sei in der Diskussion, ob Özdemir als stellvertretender Vorsitzender den Arbeitskreis Wirtschaft in der Grünen-Bundestagsfraktion übernehme. Denkbar sei aber auch, dass er Ausschuss-Vorsitzender im Bundestag werde. Über deren Vergabe soll noch im Januar zwischen den Fraktionen entschieden werden. Dass die Grünen als kleinste Bundestagsfraktion dabei den Zugriff auf den Auswärtigen Ausschuss erhalten, gilt aber als unwahrscheinlich. Stattdessen könnte es auf den Wirtschaftsausschuss hinauslaufen. Als Parteichef hatte Özdemir in den letzten Jahren intensive Kontakte in die Unternehmen aufgebaut und sich für einen ökologischen Umbau der Wirtschaft eingesetzt.
Eine abermalige Bewerbung um den Parteivorsitz schloss Özdemir aus. Er unterstütze beim Parteitag Ende Januar die Kandidatur von Robert Habeck und Annalena Baerbock, sagte er laut Vorabbericht. Zu seiner Co-Vorsitzenden Simone Peter, die weitermachen will, sagte Özdemir, es sei Zeit "für neue Ideen an der Parteispitze".
Für den Fall von Neuwahlen geht Özdemir davon aus, wieder als Spitzenkandidat anzutreten. "Die Basis hat mich neben Katrin Göring-Eckardt zum Spitzenkandidaten gekürt. Das gilt unverändert." (mit Reuters)
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