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Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling.
© dpa

Griechenland: Österreichs Finanzminister Schelling: "Plan B" noch nicht vom Tisch

Der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling befeuert weiter die Debatte um einen „Grexit“. Bevor ein "Plan B" vom Tisch sei, müssten die Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket abgewartet werden, sagt Schelling.

Noch bis vor gar nicht allzu langer Zeit gehörte Werner Faymann zu jenen sozialdemokratischen Politikern, die ein sehr gutes Verhältnis mit Bundeskanzlerin Angela Merkel pflegten, ja geradezu stolz waren, in ihrem Schatten mitsegeln zu dürfen. Seit der Rundreise des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras durch die EU-Hauptstädte schon vor einigen Wochen hat der SPÖ-Vorsitzende Faymann allerdings eine Wende vollzogen. Ganz deutlich wurde dies am Tag nach dem „Agreekment“, da Tspiras ausdrücklich anmerkte, nur bei vier Staaten – darunter namentlich Österreich – auf Verständnis gestoßen zu sein.

Und Österreichs Bundeskanzler Faymann setzte in einem Zeitungsinterview noch nach: „Deutschland hat hier eine führende Rolle übernommen in Europa – und in dem Fall keine positive. Finanzminister Schäuble hat mit diesem sogenannten harten Kurs bewirkt, dass manche den Eindruck hatten, vielleicht nützt es uns, wenn Griechenland aus der Währungszone herausfällt, vielleicht zahlen wir dann weniger.“ Für den SPÖ-Chef kommt ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone und auch ein temporärer Grexit erst gar nicht in Frage: „Es ist moralisch nicht richtig, das wäre der Beginn eines Zerfalls.“

Österreichs Kassenwart: Man muss auch über Alternativen nachdenken

Rückendeckung bekam Wolfgang Schäuble dafür nun von seinem Parteifreund, dem österreichischen Finanzminister Hans Jörg Schelling. „Ich halte es für völlig unangemessen und unangebracht, dass jetzt Deutschland oder auch der Finanzminister von Deutschland attackiert wird, als jemand, der Griechenland aus dem Euro bringen will. Natürlich muss ein verantwortungsvoller Finanzminister, auch ich, darüber nachdenken, wenn das nicht zustande kommt, was ist dann die Alternative.“

Im Übrigen müsse man sehr wohl auch darüber diskutieren dürfen, welche Wege am besten geeignet sind, Griechenland zu helfen, sagte Schelling weiter. Auch wenn das Parlament in Athen jene Sofortmaßnahmen beschlossen hat, die noch in der Nacht von Sonntag auf Montag beim Euro-Gipfel dem Land auferlegt wurden, so seien einige Themen nur vorerst vom Tisch. Denn nach den Worten von Schelling könne man noch nicht abschätzen, ob die weiteren Reformschritte Griechenlands dem Zeitplan gemäß vorgenommen würden und ob in Hellas „wirklich das, was man vereinbart hat“, umgesetzt werde. Das freilich könne man, so Schelling, „erst abschätzen, wenn die Vereinbarungen oder das Memorandum of Understanding, die Schuldentragfähigkeit und die finanziellen Notwendigkeiten geklärt sind“. „Wenn das sichergestellt ist, ist es vom Tisch. Wenn nicht, wird immer über einen Plan B zu diskutieren sein“, so Schelling.

Wiener Regierungsparteien für Aufnahme von Verhandlungen über neues Hilfspaket

Das österreichische Parlament, das ähnlich wie einige andere die in Brüssel erzielte Übereinkunft ratifizieren muss, will grünes Licht für Verhandlungen über weitere Griechenland-Hilfen geben. Unterstützung dafür gibt es allerdings nur von den die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP. Die Opposition ist aus unterschiedlichen Gründen dagegen. Die Grünen sind der Auffassung, dass Griechenland gedemütigt werde. Die FPÖ und das Team Stronach verweigern sich andererseits weiteren Bürgschaften für Griechenland. Und die Neos meinen, dass damit nur eine Art Insolvenzverschleppung betrieben würde. Tatsache ist, dass die Oppositions-Parteien ihre Reaktionen ausschließlich danach richten, wie sie beim eigenen Wählerpublikum punkten können. Was übrigens auch beim Bundeskanzler mit eine Rolle spielen dürfte. Während die Partei insgesamt auf EU-Linie liegt, will der Parteivorsitzende auch jene linken Kreise befrieden, die Gefallen am Widerstand der Syriza-Bewegung finden.

Erschienen bei EurActiv. Das europapolitische Online-Magazin EurActiv und der Tagesspiegel kooperieren miteinander.

Herbert Vytiska

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