Ungeimpfte sind schon im Lockdown: Österreich entscheidet über nächtliche Ausgangsbeschränkung für alle
Deutschland hat sein Nachbarland zum Hochrisikogebiet erklärt. Die Alpenrepublik will nun das Steuer herumreißen – mit drastischen Konsequenzen für Ungeimpfte.
3G? Oder doch vielleicht besser 2G? Österreich geht im Kampf gegen Corona noch einen Schritt weiter: Seit Montag gilt in der Alpenrepublik ein Lockdown für Ungeimpfte. Das haben Bundeskanzler Alexander Schallenberg und die Regierungschefs der Länder am Sonntag in Wien beschlossen. Es gelte nun mit aller Kraft, die „beschämend niedrige“ Impfquote endlich zu erhöhen. „Mit dieser Impfquote werden wir im Teufelskreis steckenbleiben.“
Ausgangsbeschränkungen sollen per Verordnung in Kraft treten und vorerst bis 24. November gelten. Ungeimpfte dürften Haus oder Wohnung dann nur noch aus dringenden Gründen verlassen.
Die österreichische Regierung denkt auch an nächtliche Ausgangsbeschränkungen für alle Bürger. Dieser Vorschlag liege auf dem Tisch und darüber werde am kommenden Mittwoch entschieden, sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am Sonntagabend in der ORF-Nachrichtensendung „ZiB2“.
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„Wir sitzen alle im gleichen Boot“, sagte Mückstein. Wenn ein allgemeiner Lockdown verhindert werde solle, sei eine Verringerung der Kontakte zwischen den Menschen zwingend erforderlich, so der Minister weiter. Die Beschränkungen würden ab 22.00 Uhr gelten und auch eine erneute Schließung der Nachtgastronomie bedeuten. Mückstein betonte erneut, dass das Ausmaß der vierten Corona-Welle vor allem auf die Ungeimpften zurückzuführen sei.
Mit dem Beschluss will Österreich drei Ziele erreichen:
- Die Impfbereitschaft soll erhöht werden.
- Soziale Kontakte sollen verringern werden.
- Die vierte Corona-Welle soll eingedämmt werden.
Bei den Corona-Neuinfektionen werden in Österreich fast täglich Rekorde verzeichnet. Am Samstag wurden mehr als 13.000 Infektionen registriert. Die Sieben-Tage-Inzidenz an Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner stieg auf 814,6. Schon jetzt sind die Einschränkungen für diese Gruppe groß - etwa durch die 3G-Regel am Arbeitsplatz und die 2G-Regel im öffentlichen Leben. Gesundheitsminister Wolfgang Mückenstein kündigte außerdem eine Impfpflicht für Gesundheitsberufe an.
Fahrt aufgenommen hatte die Lockdown-Debatte in Österreich vor allem wegen der Situation in der Landeshauptstadt von Oberösterreich: Linz ist – neben Salzburg – ein österreichischer Corona-Hotspot. Etwa ein Drittel aller Neuinfektionen waren zuletzt auf diese beiden Gebiet entfallen, die Inzidenz hatte bei weit über 1000 gelegen.
So soll der Ungeimpften-Lockdown aussehen:
- Ungeimpften ist es nur noch erlaubt, „zur körperlichen und psychischen Erholung“ – also etwa zu Spaziergängen und für Sport – hinauszugehen.
- Das Treffen mit einzelnen engsten Bezugspersonen wird aber wohl auch Ungeimpften weiter erlaubt bleiben.
- Allerdings ist auch in Österreich noch die Gretchen-Frage unbeantwortet: Wer soll das, bitteschön, wie kontrollieren?
„Ungemütlich“ soll der Winter für die Ungeimpften nun werden, hatte Schallenberg gedroht. „Es soll keinen Lockdown geben der Geimpften aus Solidarität für die Ungeimpften.“ Auch deshalb brachte er einen bundesweiten Lockdown nur für Ungeimpfte ins Spiel. Begründung? Er sehe es „demokratiepolitisch“ nicht ein, warum sich die Mehrheit von der Minderheit „in Geiselhaft“ nehmen lassen sollte.
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Und weiter: „Ich sehe nicht ein, dass zwei Drittel ihrer Freiheit verlustig gehen, weil ein Drittel zaudert.“ Ein Lockdown für Ungeimpfte sei zwar eine „sehr harsche Maßnahme“. Aber offenbar notwendig. Man werde zudem den Kontrolldruck weiter verschärfen.
Rechte FPÖ kündigt Demonstrationen an
Als Reaktion auf den beschlossenen Lockdown für Ungeimpfte rief FPÖ-Chef Herbert Kickl am Sonntag zu einer Demonstration am nächsten Samstag in Wien auf. Das Land habe nun ein „Corona-Apartheidssystem“, schrieb Kickl auf Facebook. Außerdem kündigte er wegen Missachtung von Grund- und Freiheitsrechten eine Klage beim Verfassungsgerichtshof an. Die FPÖ prangert seit langem die Einschränkungen an und kritisiert die Impfstrategie. Kickl sprach von „experimentellen Impfstoffen“ und empfahl ein Anti-Parasiten-Mittel zur Behandlung von Covid-19. Die Rechtspopulisten kommen in Österreich bei Umfragen auf rund 20 Prozent.
"OE24" veröffentlichte am Abend den Bußgeldsatz. So zahlt, wer im öffentlichen Raum kontrolliert wird und keinen Nachweis hat, ab 1450 Euro Strafe. Jeweils 1450 Euro bei Kontrollverweigerung, bei Verstoß gegen die Ausgangssperre und Verstoß gegen die 2G-Regel als Kunde. 3600 Euro zahlen Betreiber bei Verstoß, 500 Euro zahlen Arbeitnehmer bei Verstoß gegen die 3G-Regel am Arbeitsplatz. Arbeitgeber müssen 3600 Euro berappen.
Österreich erhöht durch Druck den Impfanreiz. Und diese Drohkulisse scheint bereits Wirkung zu zeigen. Beispiel 3G-Regelung am Arbeitsplatz: Allein in den ersten zehn Tagen nach ihrer Einführung wurden insgesamt mehr als 420.000 Impfungen verzeichnet – in den zehn Tagen davor waren es lediglich rund 157.000 gewesen.
So verteilen sich die Impfungen in Österreich der vergangenen zehn Tage:
- Ein Großteil der Impfungen (235.000) entfiel seit 1. November auf Auffrischungsimpfungen.
- 64.000 Bürger:innen erhielten eine Zweitimpfung.
- 123.000 Menschen wurden zum ersten Mal geimpft.
Zum erhöhten Druck auf Ungeimpfte gesellen sich in Österreich auch saftige Strafen gegen lasche Kontrollen. Erwischt beispielsweise der Arbeitgeber einen Beschäftigten bei sich in der Werkshalle oder dem Büro und die Person ist weder geimpft oder genesen noch getestet, müssen beide zahlen. Der Beschäftigte selbst bis zu 500 Euro, das Unternehmen sogar bis zu 3600 Euro.
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