Mitgründer und Ex-Vorsitzender: Oskar Lafontaine tritt aus der Linkspartei aus
Es ist das Ende eines langen Streits: Lafontaine bricht mit der Linkspartei, die er einst mitgegründet hat. Die Partei- und die Fraktionsspitze bedauern das.
Der Mitgründer und einstige Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, ist aus der Partei ausgetreten. Dies teilte der 78-Jährige am Donnerstag in Saarbrücken mit. „Ich wollte, dass es im politischen Spektrum eine linke Alternative zur Politik sozialer Unsicherheit und Ungleichheit gibt, deshalb habe ich die Partei Die Linke mitgegründet. Die heutige Linke hat diesen Anspruch aufgegeben“, heißt es in einer Erklärung Lafontaines.
Die Partei- und die Fraktionsspitze der Linken bedauern den Parteiaustritt Lafontaines. Als Gründungsvorsitzender und langjähriger Fraktionsvorsitzender habe Lafontaine bleibende Verdienste für die Partei, erklärten die Parteivorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler und die Fraktionschefs im Bundestag, Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch. „Wir halten seinen Austritt für falsch und bedauern ihn.“ Angesichts der sich verschärfenden sozialen Ungleichheit, angesichts von Krieg und Aufrüstung werde eine starke Linke dringend gebraucht.
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Aus Sicht des früheren Linken-Vorsitzenden Bernd Riexinger hat sich der Parteiaustritt Lafontaines schon länger angebahnt. „Der Prozess der Entfremdung hat sich über viele Jahre hingezogen, hier geht es nicht um die letzten Wochen. Der Austritt ist für ihn die persönliche Konsequenz“, sagte Riexinger der Deutschen Presse-Agentur.
Riexinger bedauert Lafontaines Schritt. „Aber ich glaube, dass wir ihn nicht verhindern konnten“, sagte der 66-jährige Baden-Württemberger, der von 2012 bis Anfang 2021 Co-Chef der Linken im Bund war.
„Sein Verhältnis zur Linken in den letzten Jahren war nicht gerade solidarisch und konstruktiv“, monierte Riexinger, der im Bundestag sitzt. „Als ehemaliger Vorsitzender sollte man nicht immer von der Seitenlinie reingrätschen.“ Dass sich der Aufrüstungsgegner Lafontaine nun mitten im Krieg in der Ukraine von der Linken verabschiede, sei schwer nachvollziehbar. „Er verlässt in diesen Zeiten die einzige Anti-Kriegs-Partei im Bundestag.“
Parteiausschlussverfahren hat sich somit erledigt
Lafontaine hatte im März 1999 im Streit mit Bundeskanzler Gerhard Schröder den Vorsitz der SPD niedergelegt und 2005 nach dem Verlassen der SPD die westdeutsche Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) mit der ostdeutschen PDS zur Linkspartei vereint. Das würdigte Riexinger: „Was die Gründung der Linkspartei angeht, da hat er große Verdienste.“ Doch am Ende gehe Lafontaine eben immer seinen eigenen Weg. „So viele Menschen, die mal Vorsitzender von zwei Parteien waren und dann ausgetreten sind, gibt es nicht. Vermutlich liegt das nicht nur an den Parteien.“
Durch seinen Parteiaustritt hat sich ein gegen Lafontaine bei der Linkspartei laufendes Parteiausschlussverfahren erledigt. Der Saarländer beendete zudem seine politische Karriere. Mit der Landtagswahl im Saarland am 27. März kehrt er nach mehr als 50 Jahren der aktiven Politik den Rücken. Zuletzt hatte er seit 2009 die Linksfraktion im saarländischen Landtag geführt. Am Mittwoch war er in seiner letzten Landtagssitzung mit reichlich Dankesworten verabschiedet worden.
„Oskar“, wie er im Saarland heißt, war fast alles, was man in einem politischen Leben in Deutschland werden kann: Oberbürgermeister von Saarbrücken, SPD-Landesvorsitzender, Ministerpräsident des Saarlandes (1985-1998), SPD-Kanzlerkandidat (1990), SPD-Bundesvorsitzender, Bundesfinanzminister, Mitgründer der Linkspartei und deren Partei- und Fraktionsvorsitzender im Bundestag. (dpa)