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Die Bischöfe mehrerer orthodoxer Kirchen haben sich am Samstag in Kiew zur Gründung einer eigenständigen ukrainischen Nationalkirche versammelt.
© dpa/Serg Glovny

Konflikt mit Russland: Orthodoxe Bischöfe in der Ukraine wollen eigene Nationalkirche gründen

Für die Ukraine ist die Gründung einer eigenen Kirche es der Aufbruch in religiöse Eigenständigkeit ohne Moskau. Die russische Kirche wehrt sich.

Bischöfe von drei orthodoxen Kirchen in der Ukraine haben sich am Samstag in Kiew zur Gründung einer eigenständigen Nationalkirche versammelt. Am Beginn der Synode in der ältesten Kirche der Stadt, der Sophienkathedrale, nahm auch Präsident Petro Poroschenko teil. „Wir stehen hier und beten, dass eine ukrainische Kirche heute Wirklichkeit wird“, sagte er. Vor der Kathedrale bekundeten mehrere Hundert Menschen mit ukrainischen Fahnen ihre Unterstützung für eine kirchliche Loslösung von Russland. Die Polizei sicherte das Zentrum der Hauptstadt mit etwa 4000 Mann.

Wegen der Kirchengründung in der Ukraine herrscht seit Monaten ein bitterer Streit zwischen der Russisch-Orthodoxen Kirche und dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. Die kirchlichen und politischen Folgen dieser tiefen Spaltung sind noch nicht abzusehen.

Die Ukraine will sich angesichts der militärischen und politischen Übergriffe aus Russland auch religiös vom Nachbarland abnabeln. Das Moskauer Patriarchat sieht die Ukraine aber als sein angestammtes Kirchengebiet. Das Oberhaupt der moskautreuen Orthodoxen in Kiew, Metropolit Onufri, sprach am Samstag von einem Versuch, die Kirche zu spalten. „Es gibt schon eine Landeskirche. Wir haben genug. Wir haben viel mehr, als man denen verspricht, die an dieser Synode teilnehmen“, sagte er. Unter den etwa 200 Teilnehmern der Versammlung waren deshalb nur 2 Bischöfe der moskautreuen Kirche.

Dagegen will die oberste Autorität der weltweiten Orthodoxie, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios in Istanbul, eine selbstständige Kirche in der Ukraine anerkennen. Seine Mitarbeiter haben ein Statut für sie ausgearbeitet. Am 6. Januar will er dem gewählten Oberhaupt einer ukrainischen Kirche den Erlass über die kirchenrechtliche Eigenständigkeit (Autokephalie) überreichen.

Faktisch werden sich vor allem die erst 1992 gegründete Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchats und die kleinere Autokephale Kirche zusammenschließen. Außen vor bleiben die Bistümer des Moskauer Patriarchats, die aber mehr Priester, Kirchen und Klöster zählen. Damit bahnen sich Konflikte um wichtige orthodoxe Heiligtümer wie das berühmte Höhlenkloster in Kiew an.

Der Kiewer Patriarch Filaret erschien zur Synode mit der Kopfbedeckung eines Metropoliten. Er zeigte damit an, dass er die Oberhoheit von Bartholomaois über die künftige Kirche anerkennt. Bei der Wahl des neuen Oberhauptes gilt Filarets Schützling Epifani, der erst 39 Jahre alte Metropolit von Perejaslawl, als ein Kandidat.

Eine andere Überlegung in Kirchenkreisen ist, Metropolit Simeon von Winnyzja zu wählen. Er ist ein Vertrauter Poroschenkos und gehört der Moskauer Patriarchatskirche an. Seine Wahl wäre ein Signal an die moskautreue Geistlichkeit. Poroschenko hat die Kirchenpläne als Teil seines Wahlkampfs für 2019 vorangetrieben.

Der drohende Verlust von orthodoxen Gläubigen und Gemeinden in der Ukraine wird in der russischen Politik beklagt. Der Oppositionelle Alexej Nawalny machte auf Twitter die Führung um Präsident Wladimir Putin für das Abrücken der Ukraine verantwortlich: „Was in Hunderten Jahren geschaffen wurde, haben Putin und seine Idioten in nur vier Jahren zerstört.“ (dpa)

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