EU-Gipfel in Vilnius: Offene Türen für die Nachbarn
Die EU bietet ihren Nachbarn im Osten eine Annäherung an. Doch die Absage der Ukraine könnte Schule machen. Gehen der EU am Ende für ihre Östliche Partnerschaft die Partner aus?
Anders als beim Gründungstreffen sind dieses Mal fast alle angereist: Die Staats- und Regierungschefs der meisten EU-Staaten kamen am Donnerstag im litauischen Vilnius zum Gipfel der Östlichen Partnerschaft zusammen. Dieses Projekt hatte vor vier Jahren in Prag einen schlechten Start: Damals zeigten der britische Premier und der französische Präsident ebenso wie die Regierungschefs von Spanien und Italien demonstrativ ihr Desinteresse an der Partnerschaft mit den östlichen Nachbarn und fuhren gar nicht erst zum Gipfel.
Ukraine unterzeichnet Abkommen nun doch nicht
Während mittlerweile auch die Regierungen im Westen Europas die Bedeutung der östlichen Partnerschaft erkannt haben, machte ihnen der ukrainische Staatspräsident Viktor Janukowitsch einen Strich durch die Rechnung: Das Assoziierungsabkommen mit der EU wird nun anders als geplant an diesem Freitag nicht unterzeichnet. Die Bedingung der EU, neben notwendigen Reformen im Justizwesen und beim Wahlrecht auch die Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko freizulassen, wird für diesen Rückzug ebenso eine Rolle gespielt haben wie der massive Druck aus Russland. Russland wünscht sich einen Beitritt der Ukraine zur Zollunion.
Das Assoziierungsabkommen gilt als Kernstück der Östlichen Partnerschaft. Das von Polen und Schweden erdachte Konzept einer Nachbarschaftspolitik, der gemeinsame Interessen und geteilte Werte zugrunde liegen, bietet der Ukraine, Moldau, Georgien, Armenien, Aserbaidschan und Weißrussland im Gegenzug für Reformen mehr Unterstützung. Je weiter sich ein Land auf dem Reformweg voranbewegt, desto stärker kann es mit Hilfen aus der EU und einer weiteren Annäherung rechnen.
Auf diesem Weg ist bisher kein anderes Land der Östlichen Partnerschaft so weit gekommen wie die Ukraine. Die EU betonte kurz vor dem Gipfel, dass ihr Angebot weiter auf dem Tisch liegt. „Wir bleiben bei unserer Verpflichtung, die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine auf eine neue Ebene zu bringen“, sagte der EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle in Vilnius.
Georgien und Moldau haben ebenfalls Verträge mit der EU ausgehandelt
Was im größten und wichtigsten Land der Östlichen Partnerschaft passiert, wird in Georgien und Moldau aufmerksam beobachtet. Sie haben ebenfalls Assoziierungsabkommen mit der EU ausgehandelt, die in Vilnius feierlich paraphiert werden sollen. Bis Georgien und Moldau so weit sind wie die Ukraine, das Abkommen also unterschriftsreif ist, kann es noch ein Jahr dauern. Wenn aber nicht einmal die Ukraine dem russischen Druck standhalten konnte, wie werden dann die beiden kleineren Länder reagieren? Die Republik Moldau leidet unter dem ungelösten Konflikt um die abtrünnige Region Transnistrien. Und in Georgien kann man sich nur allzu gut an den Krieg mit Russland 2008 erinnern. Russische Truppen zogen gerade erst einen Stacheldrahtzaun zwischen der separatistischen Teilrepublik Südossetien und dem Rest Georgiens.
Armenien hat der EU bereits eine Absage erteilt. Statt eine Assoziierung mit der EU will das Land, das starke Beziehungen zu Russland unterhält und sich mit dem Nachbarn Aserbaidschan in einem ungelösten Konflikt befindet, nun in die Zollunion. Der EU könnten am Ende im Osten die Partner ausgehen.