zum Hauptinhalt

Nahostkonflikt: Obama redet über die arabische Revolution

Ohne den Segen der USA wird es in der Region kaum Bewegung geben – doch die haben eigene Probleme.

Der Fläche nach sind Israel und Palästina zusammen kleiner als Brandenburg. In der internationalen Politik ziehen sie mehr Aufmerksamkeit auf sich als regionale Großmächte wie Brasilien, China oder Indien. Auch US-Präsident Barack Obama muss einen beträchtlichen Teil seiner Zeit in dieser Woche dem Nahen Osten und der arabischen Welt widmen. Am Dienstag besuchte ihn Jordaniens König Abdullah II. Am Freitag kommt Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Dazwischen hält Obama am Donnerstag eine Rede zu den Massenprotesten in Arabien, wie sie die Region verändern und welchen Einfluss sie auf den Palästinakonflikt haben.

Das wird keine Wiederholung der umjubelten Rede an die muslimische Welt, die er im Sommer 2009 in Kairo hielt. Der Auftritt ist mehr Pflicht als Kür. Erstens drängen innenpolitische Probleme auf ihn ein, voran der Budgetstreit. Am Montag haben die USA die gesetzliche Schuldenobergrenze erreicht. Wenn er nicht rasch einen Kompromiss mit den Republikanern über die Haushaltssanierung findet und diese im Kongress der Erhöhung der Schuldenobergrenze zustimmen, wird Amerika in wenigen Wochen keine Kredite mehr aufnehmen dürfen und damit seine laufenden Ausgaben nicht mehr finanzieren können.

Zweitens muss er eine Balance finden zwischen der idealistischen Freiheitseuphorie über das Aufbegehren in Arabien und den realpolitischen Folgen der Destabilisierung, die es mit sich bringt. Veränderung kann neue Optionen eröffnen. Für das Nahostproblem kündigt sich aber eher eine Verhärtung an. In Palästina haben Fatah und Hamas die Bildung einer gemeinsamen Regierung angekündigt. In Europa gilt das als Hoffnungszeichen. Die Palästinenser waren lange gespalten. Die Einigung gibt Israel einen Verhandlungspartner, der für alle Palästinenser spricht. Die USA sehen das anders. Die Aufnahme der Hamas in die Regierung ist ein Hindernis für Friedensgespräche – solange die Hamas nicht Israels Existenzrecht anerkennt sowie die Gültigkeit aller bisherigen Verträge. Zudem ist die Hamas in den USA als Terrororganisation gelistet. Wird sie offizieller Teil der Regierung, muss der Kongress seine Finanzhilfe für die Autonomiebehörde kappen, damit kein US-Steuergeld an eine Terrororganisation fließt. Und dann ist auch Obamas Nahostvermittler George Mitchell zurückgetreten. Offiziell heißt es, der 77-Jährige habe bei der Amtsübernahme 2009 gesagt, er stehe nur für zwei Jahre zur Verfügung. US-Medien kommentieren, er sei auch enttäuscht über die geringen Fortschritte.

Das Weiße Haus betont, Obama werde keine Rede zum Nahen Osten halten, sondern zu den Veränderungen in der arabischen Welt. Sie bedeuten einen historischen Wendepunkt. Eine längere Passage werde er Israel und Palästina widmen, das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat bekräftigen und zugleich betonen, dass der nur im friedlichen Einvernehmen mit Israel entstehen könne.

Die „Washington Post“ kommentiert, noch wichtiger als Amerikas Vermittlungsbereitschaft sei der Wille zum Frieden der Politiker in Palästina und Israel. Derzeit erhöhen sie ihre gegenseitigen Forderungen, zeigen nicht Gesprächsbereitschaft, sondern Dialogverweigerung. Die Palästinenser wollen ihren Staat auch ohne Einigung mit Israel ausrufen. Er wird wohl von vielen Staaten anerkannt werden, aber ohne Amerikas Willen nicht den Segen der UN bekommen. Israel pocht auf eine Verhandlungslösung.

Netanjahu kennt seine Druckmittel. Er besucht nicht nur Obama im Weißen Haus, sondern tritt mehrfach öffentlich auf, unter anderem bei der einflussreichen Israel-Lobbyorganisation AIPAC. Gerade jetzt, wo in den Nachbarstaaten Ägypten und Syrien Chaos und Gewalt drohen, brauche Israel die uneingeschränkte Solidarität der USA. 18 Monate vor der Präsidentschaftswahl wird ihm kein führender amerikanischer Politiker widersprechen, auch nicht Obama.

Zur Startseite