Friedensnobelpreis: Obama: Krieg ist manchmal nötig
US-Präsident Barack Obama hat seinen Friedensnobelpreis mit "tiefer Dankbarkeit und großer Demut" entgegengenommen. Er räumte bei der Zeremonie in Oslo selbst ein, dass die Vergabe der Auszeichnung an ihn eine beträchtliche Kontroverse ausgelöst habe.
Der neue Friedensnobelpreisträger Barack Obama hält Kriege für unvermeidlich. "Krieg ist manchmal notwendig", sagte er bei der Verleihung des Preises am Donnerstag in Oslo. "Wir müssen die harte Wahrheit anerkennen, dass wir während unseres Lebens gewaltsame Konflikte nicht ausmerzen werden", meinte der US-Präsident in seiner Dankesrede.
Obama ging selbst auf die zum Teil heftigen Diskussionen ein, die die Verleihung des Friedenspreises an ihn ausgelöst hatte. Verglichen mit anderen großen historischen Figuren wie Albert Schweitzer und Nelson Mandela sei das bisher von ihm Erreichte gering, gab Obama zu. "Zudem gibt es Männer und Frauen rund um den Erdball, die im Gefängnis sitzen und geschlagen werden, weil sie nach Gerechtigkeit streben". Er könne denjenigen nichts erwidern, die darauf verwiesen, dass diese Menschen "die Ehre sehr viel mehr verdient haben als ich".
Der US-Präsident würdigte zwar gewaltlose Aktionen wie die von Mahatma Gandhi oder Martin Luther King. "Aber als Staatsoberhaupt, das geschworen hat, meine Nation zu schützen und zu verteidigen, kann ich mich nicht nur von deren Beispiel leiten lassen."
Obama nutze weite Passagen seiner Rede, um Kritik an seiner Afghanistan-Politik grundsätzlich zu begegnen. "Eine gewaltlose Bewegung hätte Hitlers Armeen nicht gestoppt und Verhandlungen werden die Anführer von Al Qaida nicht überzeugen, die Waffen niederzulegen."
Die Vergabe des Preises an den US-Präsidenten, der gerade zusätzliche 30.000 Soldaten in den Afghanistan-Krieg schickt, war in den USA und international auch auf Kritik gestoßen. Das Nobelkomitee hatte die mit umgerechnet knapp einer Million Euro dotierte Auszeichnung für den US-Präsidenten mit dessen "außergewöhnlichem Einsatz zur Stärkung der internationalen Diplomatie und der Zusammenarbeit zwischen den Völkern" begründet. Hervorgehoben wurde insbesondere Obamas Vision einer Welt ohne Atomwaffen.
Während der feierlichen Zeremonie im Rathaus von Oslo, an der auch Norwegens König Harald V. und Königin Sonja teilnahmen, verteidigte das Nobel-Komitee noch einmal die Auszeichnung für den US-Präsidenten, der in Afghanistan und im Irak Krieg führt. Der Vorsitzende des Komitees, Thorbjörn Jagland, sagte, Obama selbst habe den Preis als einen "Aufruf zum Handeln" bezeichnet. "Präsident Obama hat das norwegische Nobel-Komitee perfekt verstanden", sagte Jagland. Vom ersten Augenblick seiner Präsidentschaft an habe Obama versucht, ein kooperativeres Klima zu schaffen und die "Temperatur in der Welt zu senken". "Obama ist ein politischer Führer, der weiß, dass selbst die Mächtigsten verletzbar sind, wenn sie allein stehen."
Vor der Preisvergabe hatte Obama die Auszeichnung mitdem Friedensnobelpreis als Ansporn und Ermutigung bezeichnet. "Vielleicht verdienen ihn andere mehr", sagte er unmittelbar vor der Zeremonie. Als vorrangige Ziele nannte Obama eine Welt frei von Atomwaffen, effektive Maßnahmen gegen den Klimawandel, die Stabilisierung Afghanistans und den Kampf gegen den internationalen Terrorismus "im Einklang mit unseren Werten und Idealen". Einige Initiativen würden bereits Früchte tragen. "Aber wenn ich keinen Erfolg habe, kann dies kein Preis der Welt verschleiern."
Mehrere hundert Demonstranten und Mitglieder von Friedensinitiativen demonstrierten während der Zeremonie in der Nähe des Rathauses von Oslo. Zusammen mit seiner Frau Michelle und mehreren hundert Mitarbeitern, Journalisten und Sicherheitskräften war Obama am Vormittag in Oslo eingetroffen. Wegen schlechten Wetters konnten die US-Gäste nicht mit dem Hubschrauber in die Innenstadt fliegen und mussten eine Autokolonne benutzen.
Schon bei der Bekanntgabe des Preisträgers am 9. Oktober war in den USA und international kritisiert worden, dass Obama während seiner bisher nicht einmal einjährigen Amtszeit noch wenig Konkretes erreicht habe. Der gut 24-stündige Kurzbesuch Obamas in Oslo stößt aber nicht nur wegen der Entscheidung für eine Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes auf Kritik. In der norwegischen Öffentlichkeit wird es auch als unhöflich angesehen, dass Obama das traditionelle Mittagessen des Nobelpreisträgers mit dem König abgesagt hat. Der Präsident wolle sich auch in Oslo seinen Regierungsgeschäften widmen, hieß es aus dem Weißen Haus.
Der Besuch wird von massiven Sicherheitsmaßnahmen begleitet, wie sie Norwegen so noch nicht erlebt hat. Über 2000 Polizisten sind im Einsatz, dazu 200 US-Spezialagenten. Scharfschützen bewachen die Innenstadt Oslos, Hubschrauber sichern den Luftraum. Am Vortag waren zwei Verdächtige wegen illegalen Schusswaffenbesitzes festgenommen worden.
Obama fliegt nur für die Nobelpreis-Zeremonie nach Oslo und kehrt am Freitag bereits wieder nach Washington zurück. Ein ursprünglich vorgesehener Auftritt beim Weltklimagipfel in Kopenhagen wurde gestrichen. Obama wird nun erst zur Endphase der Klimakonferenz am 18. Dezember nach Kopenhagen reisen. (smz/dpa)