Silvesternacht in Köln: Nur wenige Täter werden bestraft
Die Ermittlungen zu den Attacken in der Kölner Silvesternacht verlaufen schleppend. Erst 14 Täter wurden rechtskräftig verurteilt.
Acht Monate nach den Krawallen in Köln bleiben die Ermittlungen gegen die meist ausländischen Tatverdächtigen schwierig. Bei fast der Hälfte der bislang 286 Beschuldigten habe der Status ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik noch nicht geklärt werden können, teilte die Kölner Staatsanwaltschaft dem Tagesspiegel mit. Nur bei 153 Tatverdächtigen gebe es Klarheit. Bei den weiteren 133 Beschuldigten zählte der Sprecher der Behörde, Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer, mehrere Probleme auf.
Einige Tatverdächtige seien abgetaucht, andere gäben Aliaspersonalien an, sagte Bremer. Viele Beschuldigte machten zudem von ihrem Schweigerecht Gebrauch. Außerdem dauere es auch oft lange, bis das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Ausländerbehörden die Anfragen der Ermittler beantworten.
Bei den Ausschreitungen im und vor dem Kölner Hauptbahnhof hatten vor allem nordafrikanische Täter hunderte Frauen sexuell attackiert und viele auch beraubt. Die Randale, deren Ausmaß erst Tage später bekannt wurde, rief bundesweit große Empörung hervor. Harte Kritik gab es in der Öffentlichkeit am Vorgehen der Polizei, die in der Silvesternacht überfordert war und vielen Opfern nicht helfen konnte. Die Probleme wurden zudem tagelang verschleiert. Eine Woche nach den Krawallen entließ Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) den Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers. Noch im Januar setzte der Landtag in Düsseldorf einen Untersuchungsausschuss zur Klärung des Geschehens in der Silvesternacht ein.
Die Kölner Staatsanwaltschaft hat bislang 1201 Strafanzeigen registriert. In 505 Fällen geht es um sexuelle Übergriffe gegen Frauen. In 27 Verfahren ist sogar von versuchter oder vollendeter Vergewaltigung die Rede. Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln zudem in vielen Fällen wegen mehrerer Delikte, oft handelt es sich um Sexualstraftaten in Kombination mit Diebstählen. Die Täter raubten den bedrängten Frauen häufig Handys und Geldbörsen.
Die Identitäten sind oft unbekannt
Bei den 153 Beschuldigten, deren Identität geklärt ist, haben Polizei und Staatsanwaltschaft 76 Asylbewerber und zwölf in Deutschland geduldete Personen festgestellt. Weitere 39 Tatverdächtige halten sich illegal in der Bundesrepublik auf. Vier Beschuldigte stammen aus Staaten der EU. Die restlichen 22 Tatverdächtigen sind deutsche Staatsangehörige. Bei diesen gebe es vor allem den Verdacht auf Hehlerei, unter anderem mit gestohlenen Handys, sagte Bremer.
Auch wenn bei knapp der Hälfte der Beschuldigten der Aufenthaltsstatus unklar ist, sieht sich die Staatsanwaltschaft doch in der Lage, die Nationalitäten der ermittelten Tatverdächtigen aufzulisten. Demnach kommen 78 aus Algerien, 76 aus Marokko, 34 aus dem Irak, 25 aus Syrien, acht aus Tunesien und sechs aus Afghanistan. Bei den restlichen Beschuldigten handelt es sich um Personen, die anderen Staaten zuzuordnen sind, sowie um die schon genannten 22 Deutschen.
Trotz der aufwendigen Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft wird vermutlich nur ein kleiner Teil der Randalierer aus der Silvesternacht für Straftaten büßen müssen. Die Staatsanwaltschaft hat bislang 31 Beschuldigte angeklagt, 22 wurden inzwischen verurteilt. Bei 14 Tätern ist das Urteil rechtskräftig.
Die meisten Urteile seien „wegen Eigentumsdelikten“ ergangen, sagte Bremer. Die höchste Strafe sei ein Jahr und zehn Monate ohne Bewährung. Gerichte können Haftstrafen bis zu zwei Jahren zur Bewährung aussetzen, das geschieht auch oft. In Köln hingegen gab es wegen der Silvesterkrawalle bereits fünf Freiheitsstrafen unter zwei Jahren ohne Bewährung. Bremer berichtete allerdings auch von einem Freispruch. Drei mutmaßliche Straftäter aus der Silvesternacht sitzen noch in Untersuchungshaft. Ursprünglich waren es 21.
Das Bundeskriminalamt stellte in einer internen Untersuchung fest, in der Silvesternacht habe es in Köln und weiteren Städten fast 900 Sexualdelikte mit mehr als 1200 Opfern gegeben.