Antisemitismus: Nur vier von 76 Angriffen auf jüdische Friedhöfe aufgeklärt
Petra Pau von den Linken attestiert der Polizei mangelnde Sensibilität und Schwerpunktsetzung. Angriffe auf jüdische Friedhöfe würden als Vandalismus abgetan.
Die Bilanz wirkt bedrückend. Von 2014 bis zum Ende des ersten Halbjahrs 2017 hat die Polizei nach Informationen des Tagesspiegels bundesweit 76 antisemitisch motivierte Angriffe auf jüdische Friedhöfe festgestellt. Die Zahl könnte sich noch erhöhen, da die Angaben für die ersten sechs Monate dieses Jahres auf vorläufigen Erkenntnissen beruhen. Nur in vier Fällen in den dreieinhalb Jahren gelang es, Täter zu ermitteln. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine schriftliche Anfrage von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) hervor. Pau hatte sich im August an die Bundesregierung gewandt, innerhalb von einer Woche meldete sich das Ministerium. Frage und Antwort wurden allerdings erst jetzt bekannt. Die Zahlen liegen dem Tagesspiegel vor. Konkrete Fälle nannte das Ministerium nicht.
Die magere Aufklärungsquote „spricht ein Stück für mangelnde Sensibilität und Schwerpunktsetzung bei Polizei und Staatsanwaltschaft“, sagte Pau. „Da müssen wir viel mehr sensibilisieren.“ Vermutlich würden manche Angriffe als unpolitischer Vandalismus abgetan. Zu befürchten sei auch, dass es bei den Schändungen eine hohe Dunkelziffer gebe, sagte die Bundestagsvizepräsidentin. Die Schändung der Friedhöfe sei „Ausdruck eines menschenverachtenden, tiefsitzenden Judenhasses“, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster Es dürfe keine Gewöhnung an solche Taten eintreten. Er gehe davon aus, „dass die Polizei in allen Bundesländern gewissenhaft und intensiv die Täter verfolgt“, betonte Schuster. Und er hoffe, „dass sie dafür personell ausreichend ausgestattet ist“.
In Deutschland gibt es etwa 2000 jüdische Friedhöfe
Die meisten politisch motivierten Attacken auf jüdische Friedhöfe, insgesamt 16, meldete laut Innenministerium Nordrhein-Westfalen. Hier gelang es in den Jahren 2014 und 2015 zwei Schändungen aufzuklären. Die zwei weiteren Fälle, in denen Täter ermittelt wurden, gab es 2014 in Brandenburg. Das ist die Hälfte der dort von Antisemiten verübten Attacken auf Ruhestätten verstorbener Juden.
Mit zwölf Schändungen wurde auch Niedersachsen stark getroffen. Es folgen Sachsen-Anhalt mit neun Angriffen, Thüringen mit acht, Baden-Württemberg und Hessen mit je sechs und Bayern mit fünf Fällen. Die Polizei in Berlin, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern stellte je zwei Schändungen seit 2014 fest. Nur je einen Fall registrierten Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und das Saarland. Als einziges Bundesland meldete Sachsen, hier habe es in den dreieinhalb Jahren keinen Angriff auf einen jüdischen Friedhof gegeben. Die sächsische Null sieht Pau allerdings skeptisch. „Schön wär’s, aber ich glaube es nicht“, sagte sie und verwies auf die Diskrepanz zu den Zahlen der Nachbarländer Sachsen-Anhalt und Thüringen.
In Deutschland gibt es etwa 2000 jüdische Friedhöfe. Die offiziellen Zahlen zu Schändungen sind seit Jahren rückläufig. 2002 hatte die Polizei 60 antisemitische Angriffe festgestellt, 2006 waren es 39. Oft handelt es sich um Sachbeschädigung mutmaßlich rechter Judenhasser. „Es gibt nur selten einen Ansatz, um Täter zu ermitteln“, hieß es beim Bundeskriminalamt. Bekennerschreiben von Schändern seien die Ausnahme.
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